Bald Verfassungsrichterin? Warum Frauke Brosius-Gersdorf polarisiert
Frauke Brosius-Gersdorf steht kurz davor, als Verfassungsrichterin berufen zu werden. Schon jetzt sorgt ihre Haltung zu zentralen Fragen für Diskussionen.

Die deutsche SPD hat Frauke Brosius-Gersdorf als Nachfolgerin der Verfassungsrichterin Doris König nominiert. Sollte der Bundestag am 10. Juli zustimmen, wird sie nicht nur Mitglied des Bundesverfassungsgerichts – sondern auch dessen neue Vizepräsidentin.
Besonders im Fokus steht dabei ihre Haltung zum Schwangerschaftsabbruch: Brosius-Gersdorf argumentiert, dass die Menschenwürde – ein zentraler Begriff des Grundgesetzes – erst mit der Geburt beginne. Sie plädiert daher für eine weitgehende Liberalisierung des §218 StGB, berichtet die «Tagesschau».
Damit stellt sie sich offen gegen die bisherige Linie des Gerichts. Dieses hatte den Schutz des ungeborenen Lebens bisher als verfassungsrechtliche Verpflichtung anerkannt.
Eine Stimme mit Gewicht – nicht nur in der Wissenschaft
Frauke Brosius-Gersdorf ist keine Unbekannte in der deutschen Rechtslandschaft. Die 1971 in Hamburg geborene Juristin ist Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Potsdam.
Dort leitet sie seit 2021 das Institut für Öffentliches Recht. Bereits seit 2015 bringt sie ihre Expertise als stellvertretendes Mitglied im Verfassungsgerichtshof des Freistaats Sachsen ein.

Nach ihrer Promotion 1997 absolvierte sie ein weiteres Studium in Grossbritannien: 1998 erwarb sie den Master of Laws an der University of Edinburgh. Auch über die akademische Welt hinaus war sie tätig – unter anderem in der Ethikkommission der Bundesärztekammer.
Diese Kombination aus Wissenschaft, Rechtsprechung und politischer Nähe macht sie zur gefragten, aber auch umstrittenen Kandidatin als Verfassungsrichterin, so «Focus».
Verfassungsrichterin? Was ihre Kritiker befürchten
Konservative Stimmen schlagen Alarm: Brosius-Gersdorfs Positionen seien nicht nur eine Abkehr von bewährter Rechtsprechung, sondern Ausdruck einer grundsätzlichen politischen Agenda.
Der Vorwurf: Sie sei nicht unparteiisch, sondern eng mit Regierungsinteressen verflochten. Kritisiert wird auch ihre Rolle in regierungsnahen Gremien – insbesondere im Bereich reproduktiver Rechte.
Gegner sehen darin ein Risiko für die politische Neutralität des höchsten Gerichts, sollte sie Verfassungsrichterin werden.
Ein weiterer Kritikpunkt: Sollte sie als Vizepräsidentin Einfluss auf die interne Besetzung von Senaten oder die Priorisierung von Verfahren nehmen, könnte das langfristige Auswirkungen auf die Rechtsprechung des Gerichts haben.