Chinas Regierungschef Li Keqiang stellt sich nach Abschluss der Tagung des Volkskongresses hinter den russischen Präsidenten Wladimir Putin.
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Der chinesische Volkskongress. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • China stellt sich trotz des Krieges in der Ukraine hinter den russischen Präsidenten.
  • Regierungschef Li Keqiang ruft das Land zu «äusserster Zurückhaltung» auf.
  • Ausserdem lehnte er die internationalen Sanktionen gegen Russland ab.

Ungeachtet der Grausamkeiten des Ukraine-Krieges steht China zu Russlands Präsident Wladimir Putin.

Zum Abschluss der Tagung des Volkskongresses in Peking sprach Regierungschef Li Keqiang von einer «wirklich beunruhigenden Lage» in der Ukraine. Er rief aber nur zu «äusserster Zurückhaltung» auf, um eine grössere humanitäre Katastrophe zu verhindern.

Auf eine Journalistenfrage vermied es der Premier unverändert weiter, Russland für die Invasion zu kritisieren.

Vielmehr lehnte der Premier die internationalen Sanktionen gegen Russland ab. «Die betreffenden Sanktionen schaden der wirtschaftlichen Erholung der Welt», sagte Li Keqiang. «Niemand hat Interesse daran.»

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Der chinesische Regierungschef Li Keqiang. - Keystone

Er beteuerte, eine «aktive Rolle» spielen zu wollen. Trotzdem ist China nach Angaben von Diplomaten nicht bereit, seinen Einfluss auf seinen «strategischen Partner» zu nutzen. Dies, um beispielsweise einen Waffenstillstand oder eine Lösung zu erreichen.

Militärausgaben steigern

Die Jahrestagung des chinesischen Parlaments endete mit einer starken Steigerung der Militärausgaben. Damit auch mit einem niedrigeren, aber ambitionierten Wachstumsziel für die zweitgrösste Volkswirtschaft. Die knapp 3000 Delegierten in der Grossen Halle des Volkes billigten erwartungsgemäss den Wirtschaftskurs der Regierung. In den wirtschaftlichen Unsicherheiten auch durch den Ukraine-Krieg gibt der Premier in diesem Jahr ein Wachstum von 5,5 Prozent vor.

Es ist es das niedrigste Ziel seit drei Jahrzehnten. Es gilt gleichwohl als ehrgeizig und liegt über den Erwartungen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Dieser rechnet in China nur mit 4,8 Prozent.

2021 hatte Chinas Wirtschaft um 8,1 Prozent zugelegt, was aber an der niedrigen Vergleichsbasis durch die Pandemie im Vorjahr lag. Zum Jahresende hatte das Wachstum schon deutlich nachgelassen. Der Premier kündigte an, der Wirtschaft mit der Senkung von Steuern und Abgaben unter die Arme zu greifen.

«Wiedervereinigung» mit Taiwan

In den Spannungen um Taiwan und mit den USA stimmte der Volkskongress für eine Steigerung der Militärausgaben um 7,1 Prozent. Die Gesamtausgaben sollen hingegen nur um 3,9 Prozent wachsen. Auf der einwöchigen Tagung war die Entschlossenheit Chinas zu einer «Wiedervereinigung» mit Taiwan bekräftigt worden.

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Die Insel Taiwan wird nur noch von 18 Ländern anerkennt. - Keystone

Peking betrachtet Taiwan nur als Teil der Volksrepublik und droht mit einer Eroberung. Die russische Invasion hat Besorgnis ausgelöst, dass China in Taiwan dem Beispiel Russlands in der Ukraine folgen könnte.

Der Premier hob bei der Ukraine her, dass die «Souveränität und territoriale Integrität respektiert» werden sollte. Er betonte andererseits mit Blick auf Russland, dass die «legitimen Sicherheitsinteressen» aller Länder berücksichtigt werden müssten. «Die drängende Aufgabe ist jetzt zu verhindern, dass die Spannungen eskalieren oder sogar ausser Kontrolle geraten.» Russland und die Ukraine sollten bei ihren Verhandlungen unterstützt werden.

«China ist nicht neutral»

Diplomaten und Experten sehen aber keine Chance für eine Vermittlung durch China. «Nein, nicht für eine Sekunde», sagte China-Experte Jude Blanchette vom Center of Strategic Studies (CSIS).

«China ist nicht neutral. Chinas Unterstützung für Moskau ist stillschweigend an der Grenze zu eindeutig.» Chinesische Offizielle machten am Rande der Tagung auch deutlich, dass sich China lieber aus dem Konflikt heraushält, wie geschildert wurde.

Während Li Keqiang bewusst zurückhaltend auftrat, verstärkt Pekings Aussenministerium seit Tagen die Angriffe auf die USA. Diese werden als Verursacher des Konflikts dargestellt. Auch wiederholte ein Aussenamtssprecher russische Unterstellungen über angeblich von den USA in der Ukraine hergestellte Bio-Waffen.

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Das Verhältnis zwischen der beiden Supermächte bleibt angespannt. - Dpa

Diese haben die internationale Faktenchecker und die UN längst entkräftet. Chinas Staatsmedien verbreiten bewusst das russische Narrativ oder übernehmen häufig auch gezielte Desinformation.

Die Auseinandersetzung Russlands mit den USA wird ähnlich dargestellt wie Chinas eigener Konflikt mit der Supermacht. Auf der Tagung wurde aber auch eine systemische Überlegenheit betont: «Der Westen ist im Niedergang, während der Osten aufsteigt.» In einem Aufsatz meinte Chinas Ex-Botschafter in der Ukraine und Kasachstan, Zhou Li: «Egal, wie sehr die USA versuchen, Sanktionen gegen uns zu erlassen oder China zu unterdrücken. Es wird es uns nicht daran hindern, ‹aufzusteigen›, während sie ‹absteigen›.»

USA soll herausgefordert werden

Auch Staats- und Parteichef Xi Jinping stellte «die ordentliche Regierung Chinas» dem «Chaos des Westens» gegenüber. Xi Jinping, der schon den Zusammenbruch der Sowjetunion zutiefst bedauert hatte, will seinen «Freund» Putin nicht fallen lassen: «Er unterstützt Putin, weil beide die globale Dominanz der USA herausfordern wollen.» Das erklärte Steve Tsang vom China-Institut der Londoner School of Oriental and African Studies (SOAS) in «The Telegraph».

«Wenn Xi Jinping zulassen würde, dass Putin scheitert und seine Macht verliert. Würde das nicht seine Feinde in China oder in der Kommunistischen Partei auf Ideen bringen?», schrieb Tsang.

Selbst eine Demütigung Putins durch die USA und den Westen würde Xi Jinpings eigene Stellung untergraben, glaubt Tsang. Es wäre auch das Ende seiner Ambitionen, Taiwan zu erobern.

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