Die Wähler haben Hongkongs Regierung und der übermächtigen Führung in Peking einen Rückschlag beschert. Viele blieben der umstrittenen Abstimmung fern - weil es ohnehin nicht viel zu wählen gab.
In Hongkong fanden die ersten Wahlen seit der Niederschlagung der Demokratiebewegung statt. Foto: Wang Shen/XinHua/dpa
In Hongkong fanden die ersten Wahlen seit der Niederschlagung der Demokratiebewegung statt. Foto: Wang Shen/XinHua/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Negativrekord in Hongkong: An der ersten Parlamentswahl seit der faktischen Ausschaltung der Demokratiebewegung in der chinesischen Sonderverwaltungsregion haben sich weniger Menschen denn je beteiligt.

Die Wahlbeteiligung bei dem umstrittenen Votum fiel auf nur noch 30,2 Prozent - nachdem vor fünf Jahren noch 58,3 Prozent abgestimmt hatten. Wegen der mangelnden freien Wahlmöglichkeiten hatten viele Hongkonger die Abstimmung nach dem neuen Wahlsystem boykottiert.

Die schlechteste Wahlbeteiligung seit der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie 1997 an China wurde als Rückschlag für die Bemühungen gewertet, das eingeschränkte Verfahren zu legitimieren. Nur 1,35 der 4,5 Millionen Wahlberechtigten gaben dafür ihre Stimme ab, wie die Behörden in der Nacht zum Montag mitteilten. Die weiteren Ergebnisse sollen im Laufe des Montags vorliegen.

Nur «Patrioten» zugelassen

Zwar waren Wahlen zum Legislativrat in Hongkong niemals völlig frei, allerdings konnte die Bevölkerung diesmal nur noch über 20 der 90 Abgeordnetenmandate bestimmen. 40 weitere wurden von einem handverlesenen und pekingtreuen Wahlkomitee ausgewählt, während weitere 30 von Berufsständen ausgesucht wurden. Es wurden auch nur Kandidaten zugelassen, die als «Patrioten» eingestuft wurden. Mitglieder der kritischen Demokratiebewegung waren damit ausgeschlossen.

Ein Weissbuch der chinesischen Regierung, das heute vorgelegt wurde, sprach von Demokratie «mit Hongkonger Besonderheiten». Trotz der stark eingeschränkten Wahlmöglichkeiten ist in dem Dokument die Rede von einer «freien, fairen, gerechten, sicheren und sauberen» Abstimmung. Das Wahlsystem in Hongkong sei «weitgehend repräsentativ», hiess es weiter. Regierungschefin Carrie Lam will noch am Montagabend zu ihrem jährlichen Besuch nach Peking reisen.

Ende der Demokratiebewegung

Im Vorfeld war bereits erwartet worden, dass viele Menschen der Wahl fernbleiben würden, weil sie nach dem hartem Durchgreifen der Zentralregierung in Peking jede Hoffnung auf demokratische Veränderungen aufgegeben haben. Peking hatte vor eineinhalb Jahren ein international heftig kritisiertes Sicherheitsgesetz erlassen. Dessen vage gefasste Formulierungen richten sich gegen Aktivitäten, die China als subversiv, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch ansieht.

Die Umsetzung des Gesetzes führte dazu, dass die lange anhaltenden Massendemonstrationen für mehr Demokratie schlagartig ein Ende fanden. Viele Bürgerrechtler, Protestführer und Politiker des demokratischen Lagers landeten im Gefängnis. Andere setzten sich ins Ausland ab, um der Verfolgung zu entgehen.

Seit dem 1. Juli 1997 gehört Hongkong wieder zu China. Eigentlich soll es nach dem Grundsatz «Ein Land, zwei Systeme» eigenständig regiert werden, wie es damals hiess. Auch bekamen die sieben Millionen Hongkonger seinerzeit die Zusage, bis 2047 ein «hohes Mass an Autonomie» und viele politische Freiheiten geniessen zu können. Seit dem Erlass des Sicherheitsgesetzes reden viele aber nur noch von «Ein Land, ein System», weil Hongkong damit China immer ähnlicher werde.

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