In Afghanistan sind laut einem UN-Bericht im ersten Halbjahr fast 5200 Zivilisten getötet worden. Das entspricht einem massivem Anstieg im Vorjahresvergleich.
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Die Hauptstadt Kabul wird nicht mehr von der Regierung in Afghanistan kontrolliert. (Archivbild) - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Abzug internationaler Truppen in Afghanistan hat zugenommen.
  • Damit ist auch die Anzahl getöteter Zivilisten gestiegen.
  • Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 kamen 47 Prozent mehr Zivilisten ums Leben.

Mit Beginn des Abzugs der internationalen Truppen aus Afghanistan hat die Zahl der Opfer in der Zivilbevölkerung wieder deutlich zugenommen. In den ersten sechs Monaten des Jahres wurden annähernd 5200 Zivilisten verletzt oder getötet – ein Anstieg um 47 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020.

Das geht aus einem Bericht hervor, den die UN-Mission in Afghanistan am Montag in Kabul veröffentlichte. Der Anstieg sei vor allem auf die Monate Mai und Juni zurückzuführen, hiess es.

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Afghanische Spezialkräfte. (Archivbild) - dpa

Er fällt also mit dem Abzug der internationalen Truppen und dem Start mehrerer Militäroffensiven der militant-islamistischen Taliban zusammen. Die letzten Soldaten der Bundeswehr haben Afghanistan nach fast 20 Jahren Ende Juni verlassen. Die letzten Kampftruppen der USA sollen bis Ende August abziehen.

2392 Zivilisten in zwei Monaten

Allein im Mai und Juni wurden dem UN-Bericht zufolge 2392 Zivilisten verwundet oder getötet – fast genau so viele wie in den gesamten vier Monaten davor. Für diese beiden Monate verzeichnete die UN Rekordwerte: Noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen 2009 wurden in diesen Monaten so viele zivile Opfer dokumentiert.

Im gesamten ersten Halbjahr ist die Zahl der zivilen Opfer mit 1659 Getöteten und 3524 Verletzten damit so hoch wie in den Rekordjahren 2016 bis 2018. Damals verzeichneten die Vereinten Nationen ebenfalls jeweils mehr als 5000 Opfer in den ersten sechs Monaten. Die Taliban haben seit Anfang Mai mehr als 160 der 400 Bezirke des Landes neu erobert.

Verhandlungen zwischen Regierung und Taliban soll auf Stelle treten

In einer Analyse der Denkfabrik Afghanistan Analysts Network heisst es, der UN-Bericht widerlege jede Vorstellung, dass die jüngsten Taliban-Eroberungen praktisch unblutig abgelaufen seien. Auch der Beginn von Friedensverhandlungen zwischen der Regierung in Kabul und den Taliban führte für die Zivilbevölkerung nicht zur erhofften Verbesserung. Die Verhandlungen treten auf der Stelle.

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Trump wird die Schuld am Afghanistan-Choas gegeben. Im Bild: Taliban in Afghanistan. (Archivbild) - keystone

Beobachter befürchten zunehmend, dass die Taliban das Land militärisch übernehmen wollen. In dem UN-Bericht heisst es, das Streben nach einer militärischen Lösung werde das Leiden des afghanischen Volkes nur noch verstärken.

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