Ein internationales Journalistenkonsortium hat neue Vorwürfe gegen den israelischen Überwachungssoftware-Anbieter NSO veröffentlicht.
Ein Chatsymbol ist auf einem Smartphone zu sehen. Foto: picture alliance / Lino Mirgeler/dpa
Ein Chatsymbol ist auf einem Smartphone zu sehen. Foto: picture alliance / Lino Mirgeler/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Journalisten haben neue Vorwürfe gegen NSO erhoben.
  • Das Unternehmen soll über 180 Journalisten abgehört haben.

Der Überwachungssoftware-Anbieter NSO steht in der Kritik. Internationale Journalisten haben neue Vorwürfe gegen das Unternehmen erhoben.

IT-Experten fanden den Berichten zufolge auf 37 Smartphones von Journalisten, Menschenrechtlern, deren Familienangehörigen und Geschäftsleuten Spuren von Angriffen. Dies mit der Pegasus-Software des Unternehmens.

Die Nummern seien Teil eines Datensatzes von mehr als 50'000 Telefonnummern, den die Journalisten gemeinsam mit den Organisationen Forbidden Stories und Amnesty International auswerteten. Die Nummern sollen den Berichten zufolge offenbar von NSO-Kunden als potenzielle Ausspähziele ausgewählt worden sein. NSO wies die Vorwürfe am Sonntag vehement zurück.

Hunderte Journalisten, Menschenrechtler, Oppositionelle überwacht

An dem Journalistenkonsortium sind auch die «Süddeutsche Zeitung», NDR, WDR und die «Zeit» beteiligt. Nach ihrer Darstellung legen die Recherchen des «Pegasus-Projekts» nahe, dass Hunderte Journalisten, Menschenrechtler, Oppositionelle und Politiker ausgewählt wurden, um sie mit der Spionagesoftware zu überwachen.

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Hatice Cengiz, die Verlobte des getöteten saudischen Journalisten Jamal Khashoggi. - Keystone

So stünden die Nummern von mehr als 180 Journalistinnen und Journalisten aus verschiedenen Ländern auf der Liste. Wie die Liste zu Forbidden Stories und Amnesty International kam, die sie dann mit den Medien teilten, blieb in den Berichten offen - die «Süddeutsche Zeitung» verwies hierzu auf den Quellenschutz.

Zugriff über WhatsApp-Lücke

NSO war bereits in der Vergangenheit vorgeworfen worden, mit der Software Pegasus totalitären Regierungen bei der Ausspähung von Journalisten und Dissidenten geholfen zu haben. Facebook hatte NSO 2019 in den USA verklagt. Der Vorwurf in der Klage lautet, NSO habe versucht, sich über eine später geschlossene Sicherheitslücke bei WhatsApp Zugriff auf Hunderte Smartphones zu verschaffen. Unter den Zielpersonen seien Journalisten, Anwälte, Dissidenten, Menschenrechtsaktivisten, Diplomaten und Regierungsbeamte gewesen.

«WhatsApp» Logo
Das Logo der Messenger-App WhatsApp. - dpa

NSO war auch vorgeworfen worden, seine Überwachungssoftware habe bei der Ermordung des saudischen Dissidenten Jamal Khashoggi eine Rolle gespielt. Laut der «Washington Post» gehörten zwei der Smartphones, auf denen IT-Experten von Amnesty International Spuren von Pegasus-Angriffen gefunden hätten, Frauen, die Khashoggi nahestanden.

NSO erwägt Verleumdungsklage

Das israelische Unternehmen sprach am Sonntag mit Blick auf den Forbidden-Stories-Bericht von «falschen Vorwürfen und irreführenden Behauptungen». Deren Quellen hätten sie mit Informationen versorgt, die keine Faktenbasis hätten. «Die Vorwürfe sind so empörend und weit von der Realität entfernt, dass NSO eine Verleumdungsklage erwägt.»

Jamal Khashoggi joe biden
Der saudische Journalist Jamal Khashoggi (†). - dpa

NSO bekräftigte, seine Technologie stehe «in keiner Weise mit dem abscheulichen Mord an Jamal Khashoggi in Verbindung». Seine Technologie werde «ausschliesslich an Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste von geprüften Regierungen verkauft, mit dem alleinigen Ziel, durch Verhinderung von Verbrechen und Terrorakten Menschenleben zu retten».

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