Namibia erinnert mit Gedenktag an deutsche Kolonialverbrechen
Namibia gedenkt erstmals der Opfer des deutschen Kolonialgenozids mit einem nationalen Feiertag.

Das südwestafrikanische Namibia hat erstmals mit einem nationalen Gedenktag der Opfer des Genozids durch die deutsche Kolonialmacht gedacht. Im Garten des namibischen Parlaments in der Hauptstadt Windhuk versammelten sich Tausende Namibier zu einer Schweigeminute und einer Mahnwache bei Kerzenlicht. Präsidentin Netumbo Nandi-Ndaitwah sprach von einem «Tag der Erinnerung und des gemeinsamen Schmerzes».
«Wir werden die emotionalen, psychologischen, wirtschaftlichen und kulturellen Narben, die zurückbleiben, niemals vergessen», sagte Nandi-Ndaitwah in einer Ansprache an die Nation.
Vor mehr als hundert Jahren, am 28. Mai 1907, ordneten deutsche Kolonialbehörden die Schliessung der Konzentrationslager in Namibia an, nachdem sie international für die brutalen Bedingungen und die hohe Sterblichkeitsrate in den Lagern kritisiert worden waren.
Deutschlands dunkle Vergangenheit
Das Deutsche Reich war von 1884 bis 1915 Kolonialmacht im damaligen Deutsch-Südwestafrika und schlug dort Aufstände gegen seine Herrschaft brutal nieder.
Während des Herero-und-Nama-Kriegs (1904 bis 1908) kam es zu einem Massenmord, der als erster Genozid im 20. Jahrhundert gilt. Historiker schätzen, dass 65'000 von 80'000 Herero und mindestens die Hälfte der 20'000 Nama getötet wurden.
Die nun jährlich stattfindende Gedenkfeier solle «als Moment der nationalen Reflexion, Trauer und Heilung» dienen, teilte die Regierung mit. «Der erste Völkermord des 20. Jahrhunderts steht endlich für die ganze Welt sichtbar in unseren Kalendern», sagte Hoze Riruako, ein Repräsentant des Volkes der Herero.
Aussöhnungsabkommen auf Eis
«Ich denke, das ist eine starke Botschaft an die Deutschen». Die deutsche Entwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan bezeichnete den Genozid als «unerträgliches Verbrechen und gleichzeitig Teil unserer deutschen Geschichte». Es läge in Deutschlands Verantwortung, sich dieser Geschichte zu stellen.
«Es ist unsere Pflicht, den Genozid anzuerkennen und seine Folgen zu lindern», so Alabali-Radovan.
Die Regierungen Deutschlands und Namibias verhandeln seit langem über ein vorgelegtes Aussöhnungsabkommen, das Finanzhilfen Deutschlands für Entwicklungsprojekte in Namibia in Höhe von 1,1 Milliarden Euro (etwa 1,03 Milliarden Franken) vorsieht.
Eine Verabschiedung der Erklärung liegt derzeit auf Eis, da die deutsche Regierung es ablehnt, mit den Nachkommen der damaligen Opfer über persönliche Entschädigungen zu verhandeln. Deutschland verhandle mit der namibischen Regierung, die völkerrechtlich das ganze Land vertrete.