Am Sonntag haben die Kurden in der autonomen Region im Nordirak ihr neues Parlament gewählt. Über drei Millionen waren zur Wahl aufgerufen.
Ein Mann sucht vor einem Wahllokal seinen Namen auf einem Wählerregister für die Parlamentswahlen. Ein Jahr nach dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum der Kurden im Nordirak hat in der Autonomieregion die Parlamentswahl begonnen. Mehr als 3,8 Millionen Wähler sind dazu aufgerufen, die 111 Abgeordneten des Regionalparlaments in der Stadt Erbil aus mehr als 750 Kandidaten zu wählen.
Ein Mann sucht vor einem Wahllokal seinen Namen auf einem Wählerregister für die Parlamentswahlen. Ein Jahr nach dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum der Kurden im Nordirak hat in der Autonomieregion die Parlamentswahl begonnen. Mehr als 3,8 Millionen Wähler sind dazu aufgerufen, die 111 Abgeordneten des Regionalparlaments in der Stadt Erbil aus mehr als 750 Kandidaten zu wählen. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Kurden im Nordirak haben am Sonntag ihr neues Parlament gewählt.
  • Im Zuge einer Militäroffensive nahm die irakische Armee den Kurden Gebiete ab.

Die Kurden in der autonomen Region im Nordirak haben am Sonntag ein neues Parlament gewählt. Rund 3,1 Millionen Wähler waren aufgerufen, unter den Kandidaten von 29 politischen Bewegungen die 111 Abgeordneten zu bestimmen. Elf Mandate waren für Vertreter ethnischer und religiöser Minderheiten reserviert – fünf für turkmenische Bewerber, fünf für Christen und eines für die armenischen Gemeinde. Die Wahllokale sollten um 17.00 Uhr (MESZ) schliessen.

Die irakischen Kurden waren Schlüsselpartner der USA beim Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Doch ihre Hoffnungen, dafür mit einem eigenen Kurdenstaat belohnt zu werden, erfüllten sich nicht. Beim Volksentscheid für die Unabhängigkeit der Region im September 2017 gab es zwar ein massives Ja-Votum, doch für die irakische Zentralregierung war das Referendum «illegal». Im Zuge einer Militäroffensive nahm die irakische Armee den Kurden praktisch alle Gebiete ab, die sie seit 2014 unter ihre Kontrolle gebracht hatten, darunter die ölreiche Region Kirkuk.

Bagdad verhängte Strafmassnahmen und liess vorübergehend Grenzübergänge zur Türkei und in den Iran schliessen. Eine Luftblockade gegen die autonome Kurdenregion wurde erst im März wieder aufgehoben. Bis dahin mussten alle Flüge aus der Kurdenregion ins Ausland über Bagdad umgeleitet werden. Ausländer, die in die Kurdenregion reisen wollten, mussten – anders als zuvor – Visa bei den Behörden der Zentralregierung beantragen.

Der ebenfalls im März vom Zentralparlament in Bagdad verabschiedete Haushalt 2018 für den Irak bedeutete einen weiteren Rückschlag für die Autonomieregion. Deren Haushaltsanteil sank von 17 Prozent auf 12,6 Prozent.

Gemäss der irakischen Verfassung steht der autonomen Region ein Anteil am Budget zu, der dem Anteil der Kurden an der Gesamtbevölkerung entspricht. Im neuen Haushalt ist allerdings vorgesehen, dass die Kurdenregierung 250'000 Barrel Öl pro Tag exportieren und den Erlös an die Zentralregierung nach Bagdad überweisen muss. Andernfalls drohen weitere Kürzungen.

Viele Menschen in der Kurdenregion sind enttäuscht und verbittert über die derzeitige politische Entwicklung. Der 26-jährige Hawzar Salar sagte bei der Stimmabgabe in der Regionalhauptstadt Erbil mit der Wahl müsse ein «neues Kapitel eröffnet» werden.

Nach der US-Militärinvasion im Irak 2003 hatte die Kurdenregion einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt. Doch in den vergangenen Jahren hatten niedrige Ölpreise und der Krieg gegen die IS-Dschihadisten dem Gebiet schwer zugesetzt. Amtlichen Angaben zufolge müssen 87 Prozent der Haushalte in der Region mit ihren etwa sechs Millionen Einwohnern monatlich mit weniger als 850 Dollar (732 Euro) auskommen.

«Die künftige Regierung muss sich um die Menschen kümmern, insbesondere um die Armen», sagte der arbeitslose Soran Rassul, der in Suleimanija, der zweitgrössten Stadt der Region abstimmte.

Traditionell sind die Demokratische Partei Kurdistans (PDK) des ehemaligen Präsidenten der Kurdenregion, Massud Barsani, und ihre Gegenspielerin, die Patriotischen Union (UPK) die einflussreichsten Parteien in der autonomen Region. Im ausgehenden Parlament verfügten sie über 38 beziehungsweise 18 Sitze. Die grösste Oppositionspartei, Goran (Wechsel), war mit 24 Abgeordneten vertreten.

Einzig neue Partei unter den Parteien mit insgesamt 673 Kandidaten ist die Bewegung Neue Generation, die auf den Unmut der Wählerschaft über die alten Eliten setzt. Nur wenige Wähler versprechen sich von der Abstimmung am Sonntag allerdings eine grosse Veränderung.

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