Der Rohstoffpreis für Kaffee war 2019 zeitweise so günstig wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Doch Kaffeebauern müssen dadurch um ihre Existenz kämpfen.
Kaffee
Kaffee wächst auf einer Plantage im guatemaltekischen Department San Marcos. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Rohstoffpreise waren 2019 so tief wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr.
  • Der Kaffeeanbau in Guatemala ist für Kaffeebauern nicht mehr rentabel.

Die Kaffeepreise auf dem Weltmarkt sind unter Druck. Der Rohstoffpreis war 2019 zeitweise so tief wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. Das drückt zwar auch hierzulande auf die Preise. Doch Kaffeebauern werden dadurch in ihrer Existenz bedroht.

Unhaltbar ist die Situation etwa im mittelamerikanischen Guatemala. «Der Kaffeeanbau ist heutzutage definitiv nicht mehr rentabel», sagt José de León, der mit einer fünf Hektar grossen Plantage zu den grössten der Kleinbauern des Städtchens San Pablo gehört.

Der Preis für Rohkaffee fiel im August nach Angaben der International Coffee Organization (ICO) im Vergleich zum Juli um knapp sieben Prozent. Mit 96,07 US-Cent pro Pfund lag der Durchschnittswert um mehr als 8 Cent unter dem Wert vom August 2018.

Im April war der Preis mit 94,42 Cent so tief war wie seit Juli 2006 nicht mehr. Im April 2011 hatte er noch bei mehr als 2,30 Dollar gelegen. Ein Überangebot ist laut ICO der Hauptgrund – die Exportmengen steigen jedes Jahr.

Preise sinken auch im Detailhandel

Die grössten Ausfuhrländer sind Brasilien und Vietnam. Auch die Schweiz spielt eine wichtige Rolle im Handel. Sie ist zwar trotz eines sehr hohen Pro-Kopf-Konsums eine kleine Konsumentin – doch wird 70 bis 75 Prozent des Rohkaffeehandels über hier ansässige Händler abgewickelt.

Kaffeebauern
Der Kaffeebauer Jose de Leon steht auf einer Plantage im guatemaltekischen Department San Marcos. - dpa

Die sinkenden Preise für Rohkaffee schlagen sich hierzulande auch in den Verkaufspreisen für Kaffeebohnen, -Pulver und -Kapseln nieder, zumindest ein wenig.

Laut Daten des Bundesamts für Statistik (BFS) lagen die Preise etwa im August um 1,3 Prozent unter dem Vorjahr, nachdem sie im Vorjahr noch um 1,7 Prozent gestiegen waren.

Viele geben Kaffeeanbau auf

Für die Produzenten geht es derweil um die Existenz: Seit vier Jahren schreibe in San Pablo so gut wie jeder Verluste, erzählt Don José, wie der 63-jährige Landwirt genannt wird. Viele gäben den Kaffeeanbau auf, nicht wenige wanderten wegen fehlender Alternativen aus.

Etwa 80 Prozent der rund 60'000 Bewohner von San Pablo leben Don José zufolge vom Kaffeeanbau. 87 Bauern haben sich zu einer Kooperative zusammengeschlossen, die dem nationalen Verband Fedecocagua angehört. Dieser vermarktet den Kaffee – Chef ist ein Schweizer.

Pro Zentner Kaffee müsse man 750 Quetzal (rund 94 Franken) einnehmen, um über die Runden zu kommen, rechnet Don José vor. «Wir verkaufen im Moment für 650.» Nur weil der Verband etwas dazugebe, könnten viele überhaupt noch weitermachen.

Probleme mit Fairtrade-Zertifikaten

Man halte sich an die von den USA und der Europäischen Union geforderten Bio-Standards, erklärt Leonel Carmelo, technischer Berater von Fedecocagua in San Pablo. Das werde aber nicht entsprechend vergütet. «Die Erzeuger fragen uns: Was bringt uns die Zufriedenheit, dass unsere Kunden ein chemiefreies Produkt konsumieren können, wenn wir Hunger leiden?»

Die Bauern könnten es sich nicht leisten, ihren Arbeitern den gesetzlichen Mindestlohn von umgerechnet gut zehn Euro am Tag zu zahlen, sagt Carmelo. Um ihre Fairtrade-Zertifikate nicht zu verlieren, bezahlten sie also nach Menge geernteter Kaffeekirschen statt pro Tag.

Das Geld reiche auch nicht mehr, um so oft zu düngen, neu anzupflanzen oder Unkraut zu beseitigen wie zuvor. Darunter werde auf längere Sicht die Qualität leiden, und für die Arbeiter gebe es weniger Jobs. «Weil sie auch sonst in der Umgebung nichts finden, wandern sie aus – in die Städte, nach Mexiko oder dahin, wo alle hinwollen: in die USA», sagt Carmelo.

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