Was hat Saudi-Arabien mit dem Verschwinden des Journalisten Jamal Khashoggi zu tun? Die US-Behörden machen Druck auf Riad. Die Saudis beteuern ihre Unschuld.
Der saudische Journalist Jamal Khashoggi telefoniert in Davos.
Der saudische Journalist Jamal Khashoggi telefoniert in Davos. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die G7-Staaten setzen Saudi-Arabien zum Fall Khashoggi weiter unter Druck.
  • Auch die USA ermittelt, ist allerdings vorsichtig wegen ihrer Nahost-Politik.

Der internationale Druck auf Saudi-Arabien im Fall des verschwundenen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi steigt. Nach den USA haben nun auch die Aussenminister der G7-Staaten und die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini vom Königreich Aufklärung verlangt. In einer gemeinsamen Erklärung vom Dienstag hiess es, die Verantwortlichen für sein Verschwinden müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Man setze auf die Zusammenarbeit der Türkei und Saudi-Arabiens und hoffe darauf, dass das Königreich eine «gründliche, glaubwürdige, transparente und sofortige Ermittlung» vornehme. Zu den G7-Staaten gehören die USA, Grossbritannien, Frankreich, Kanada, Deutschland, Japan und Italien.

Khashoggi war am 2. Oktober in der Türkei in das saudische Konsulat gegangen, um dort Papiere für seine geplante Hochzeit abzuholen. Seitdem ist er verschwunden. Die türkischen Behörden gehen nach Medienberichten davon aus, dass Khashoggi im Konsulat von einem aus Saudi-Arabien angereisten 15-köpfigen Spezialkommando getötet wurde. Sie sollen auch im Besitz kompromittierender Ton- und Videoaufnahmen sein. US-Aussenminister Mike Pompeo wird nach seinem Treffen mit König Salman in Riad heute Mittwoch in die Türkei weiterreisen. «Mein Urteil nach den Treffen ist, dass es ein ernsthaftes Bekenntnis gibt, alle Fakten zu finden und Verlässlichkeit zu garantieren, auch die Verlässlichkeit gegenüber hochrangigen saudischen Führungsfiguren und Beamten», hiess es in einem Statement Pompeos vom Dienstagabend.

Direkter Bezug zum Kronprinzen möglich

Die «New York Times» schrieb allerdings in der Nacht zu heute Mittwoch unter anderem unter Berufung auf Gesichtserkennung, Profile in den sozialen Netzwerken, Medienberichte und geleakte saudische Regierungsdokumente, dass mehrere der von der Türkei identifizierten Verdächtigen aus dem direkten Umfeld des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman stammten. Ein Verdächtiger sei gesehen worden, wie er mit dem Kronprinzen aus Flugzeugen in Paris und Madrid gestiegen sei, zudem sei er beim Wachestehen während seiner Besuche in diesem Jahr in Houston, Boston und bei den Vereinten Nationen fotografiert worden. Drei weitere Verdächtige seien anhand von Zeugen und anderen Aufzeichnungen dem Sicherheits-Einsatzkommando des Kronprinzen zugeordnet worden. Der fünfte sei ein Gerichtsmediziner, der eine hochrangige Position im saudischen Innenministerium innehabe.

Die «New York Times» berichtete weiter, von den 15 von türkischen Behörden identifizierten Verdächtigen hätten mindestens neun für saudische Sicherheitsdienste, Militär- oder Regierungseinrichtungen gearbeitet. Wenn diese Leute tatsächlich im saudischen Konsulat gewesen wären zu jener Zeit, als auch Khashoggi dort war, gebe es einen direkten Bezug von den Geschehnissen zum Kronprinzen.

Türkische und saudische Ermittler hatten zuvor eine neunstündige Durchsuchung des saudischen Konsulats in Istanbul abgeschlossen und hatten auch das Privathaus des Konsuls durchsucht. Der Diplomat war türkischen Medien zufolge kurz zuvor nach Saudi-Arabien abgereist.

Trumps Nahost-Politik ist gefährdet

US-Präsident Donald Trump trifft sich mit saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman im Weissen Haus.
US-Präsident Donald Trump trifft sich mit saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman im Weissen Haus. - Keystone

US-Präsident Donald Trump hatte ebenfalls mit Salman sowie dessen Sohn, Kronprinz Mohammed bin Salman telefoniert. Der Kronprinz hatte Trump zuvor nach den Angaben des US-Präsidenten versichert, dass die saudische Führung nichts von den angeblichen Vorkommnissen in der saudischen Botschaft in Istanbul gewusst habe.

Trump sagte am Dienstagabend in einem Interview des US-Senders Fox Business, entscheidend sei, ob die saudische Führung von den Vorkommnissen gewusst habe. «Wenn sie davon gewusst hätten, dann wäre das sehr schlecht», sagte Trump.

Für das Weisse Haus steht in dieser Affäre viel auf dem Spiel, da sich Trump in seiner Nahost-Politik sehr stark auf das sunnitische Saudi-Arabien stützt. Seit Amtsantritt des US-Präsidenten hat sich das zuvor abgekühlte Verhältnis zwischen den beiden Partnern deutlich verbessert. Die USA und Saudi-Arabien sehen vor allem im schiitischen Iran einen gemeinsamen Feind, den bekämpfen wollen.

Der US-Präsident verschärfte zwar zunächst den Ton gegenüber Riad und forderte Antworten auf offene Fragen – will aber offensichtlich dennoch die guten Beziehungen zur Führung in Riad nicht aufs Spiel setzen. Trump äusserte die Vermutung, dass es sich möglicherweise nicht um ein staatlich beauftragtes Mörderkommandos gehandelt habe.

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