Symbolträchtige Prozession zu Ehren von John Lewis in Selma
Symbolträchtige Ehrung des verstorbenen US-Bürgerrechtlers John Lewis: In Selma im Bundesstaat Alabama ist der Sarg des legendären Streiters für die Rechte der Afroamerikaner über dieselbe Brücke gefahren worden, an der er 1965 während einer Demonstration fast von der Polizei totgeschlagen worden war.

Das Wichtigste in Kürze
- Verstorbener US-Bürgerrechtler war in der Stadt 1965 fast totgeschlagen worden.
Am Rande der Brücke sangen Trauernde am Sonntag die Bürgerrechtshymne «We Shall Overcome».
Die Trauerfeierlichkeiten für Lewis hatten in Anwesenheit von hunderten Menschen am Samstag begonnen und sollen sechs Tage dauern. Als Höhepunkt wird sein Leichnam am Montag in der Rotunde des Kapitols in Washington aufgebahrt. Dies ist eine besondere Ehre, die nur wenigen Verstorbenen zuteil wird.
Der Bürgerrechtler war vor anderthalb Wochen im Alter von 80 Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben. In den 1960er Jahren gehörte er zu den bekanntesten Mitstreitern des Friedensnobelpreisträgers Martin Luther King im Kampf für die Gleichstellung der schwarzen Bevölkerung in den USA. Später vertrat er die Demokratische Partei jahrzehntelang im US-Kongress.
Lewis, einer der prominentesten afroamerikanischen Parlamentarier des Landes, starb zu einer Zeit, in der die gesellschaftliche Debatte um den Rassismus wieder an Brisanz gewonnen hat. Seit zwei Monaten gibt es in den USA landesweite Anti-Rassismus-Proteste, die durch den Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis entfacht worden waren.
Lewis wurde im Südstaat Alabama geboren. Zum Auftakt der Trauerfeierlichkeiten fand dort an der Troy-Universität ein Gedenkgottesdienst statt, bevor dann am Sonntag sein in die US-Fahne gehüllter Sarg in einer offenen Pferdekutsche über die Edmund-Pettus-Brücke in der Stadt Selma transportiert wurde.
Lewis war 55 Jahre zuvor bei einem Polizeieinsatz gegen einen Bürgerrechtsmarsch an der Brücke der Schädel gebrochen und beinahe getötet worden. Es war bei weitem nicht das einzige Mal, dass er in seinem Leben Gewalt durch Polizisten erfuhr. Der Marsch und das gewaltsame Einschreiten der Polizei gingen als «Blutiger Sonntag» in die US-Geschichte ein.
Die jetzige Zeremonie stand in scharfem Kontrast zu den Szenen von 1965. Eine Linie von Beamten der Polizei von Alabama salutierte Lewis' Sarg. Die Brücke war mit Rosenblättern bestreut. In der Mitte der Brücke hielt die Kutsche kurz an, und der Kutscher zog seinen Hut, um Lewis seinen Respekt zu erweisen.
Hinter der Kutsche marschierten Familienangehörige des Verstorbenen. Manche von ihnen trugen T-Shirts mit Lewis' Aufruf «Good Trouble» («Guter Ärger»), mit dem er friedlichen und konstruktiven Protest meinte. Später fand eine Prozession mit dem Sarg in Montgomery, der Hauptstadt von Alabama, statt.
Lewis' Angehörige hatten wegen der Corona-Pandemie darum gebeten, nicht aus dem ganzen Land anzureisen und dem Bürgerrechtler stattdessen virtuell Respekt zu zollen. Die Gedenkfeiern enden am Donnerstag in Atlanta im Bundesstaat Georgia, wo Lewis nach einem privaten Gottesdienst in Martin Luther Kings Gemeinde beigesetzt wird.
Lewis hatte sich wegen seiner Krebserkrankung in seinen letzten Lebensmonaten aus dem politischen Leben zurückgezogen. Anfang Juni kehrte er aber inmitten der Anti-Rassismus-Demonstrationen noch einmal in die Öffentlichkeit zurück und zeigte sich auf einer in «Black Lives Matter Plaza» umbenannten Kreuzung in Washington. «Black Lives Matter» («Das Leben von Schwarzen zählt») ist der Name einer seit Jahren existierenden Protestbewegung gegen exzessive Polizeigewalt.