Knapp elf Monate nach dem Tod von George Floyd in Minnesota ist im selben US-Bundesstaat erneut ein Schwarzer von der Polizei getötet worden.
Daunte Wright
Der Tod von Daunte Wright (†20) löste in Minneapolis heftige Proteste aus. - Keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • In den USA ist erneut ein junger Afroamerikaner bei einem Polizeieinsatz getötet worden.
  • Laut dem Polizeichef von Minneapolis sei versehentlich ein Schuss abgegeben.
  • In der Stadt brachen heftige Proteste aus – Joe Biden rief zur Ruhe auf.

Der Polizeichef von Brooklyn Center im Norden der Metropole Minneapolis, Tim Gannon, sagte, er gehe davon aus, dass eine Polizistin bei einer Verkehrskontrolle versehentlich einen tödlichen Schuss auf den 20-jährigen Daunte Wright abgegeben habe.

Die Polizistin habe nach ersten Erkenntnissen statt eines Elektroschockers (Taser) irrtümlich ihre Pistole gezogen. In Minneapolis läuft derzeit der Prozess gegen den Ex-Polizisten Derek Chauvin wegen Floyds Tod im Mai 2020.

Daunte Wright
Der 20-jährige Daunte Wright wurde bei einer Polizeikontrolle in Minneapolis erschossen. - Twitter

Der neue Todesfall löste schwere Proteste aus. US-Medien berichteten, Hunderte Demonstranten hätten nach dem Vorfall am Sonntagnachmittag (Ortszeit) ein Polizeirevier umringt.

Es sei zu Zusammenstössen mit Sicherheitskräften gekommen, die unter anderem Tränengas eingesetzt hätten. Die örtliche Polizei habe später Verstärkung von der Nationalgarde von Minnesota erhalten, die derzeit wegen des Chauvin-Prozesses in Minneapolis stationiert sei.

Biden: «Die Frage ist, ob es ein Unfall oder Absicht war»

In Minneapolis und der benachbarten Stadt Saint Paul verhängten die Behörden eine nächtliche Ausgangssperre für die Metropolregion. Sie sollte am Montagabend um 19 Uhr (Ortszeit/2.00 MESZ) in Kraft treten und bis Dienstagmorgen um 6 Uhr andauern. Zugleich wurde eine verstärkte Präsenz von Sicherheitskräften der Polizei und der Nationalgarde angekündigt.

Minneapolis Nationalgarde
In Minneapolis steht die Nationalgarde im Einsatz. - Keystone

Gannon und Bürgermeister Mike Elliott betonten das Recht auf friedliche Demonstrationen, riefen aber zu Gewaltverzicht auf. Auch Joe Biden hat zur Ruhe aufgerufen. «Friedlicher Protest ist verständlich», sagte Biden am Montag im Weissen Haus. Für Gewalt gebe es aber «absolut keine Rechtfertigung».

Der Präsident verwies darauf, dass die Ermittlungen zum Tod des 20-Jährigen Daunte Wright abgewartet werden müssten. «Die Frage ist, ob es ein Unfall oder Absicht war. Das muss noch geklärt werden.»

Bodycam-Aufnahmen gezeigt

Der Polizeichef zeigte bei der Pressekonferenz am Montag Aufnahmen der Kameras, die die Polizisten am Körper trugen (Bodycams). Darauf ist zu sehen, wie Sicherheitskräfte Wright Handschellen anlegen wollen.

Dabei scheint Wright sich aus dem Griff zu lösen und wieder in sein Auto zu steigen. Eine Polizistin ruft «Taser Taser Taser», hat aber eine Pistole in ihrer Hand. Aus der Waffe scheint sich ein Schuss zu lösen, bevor Wright davonfährt. Bürgermeister Elliott sagte, Wright sei noch mehrere Blocks weitergefahren und dann mit einem anderen Fahrzeug zusammengeprallt. Er habe nicht wiederbelebt werden können.

Daunte Wright
Bodycam-Aufnahmen zeigen die Schussabgabe auf Daunte Wright (†20). - Twitter

Elliott sicherte vollständige Aufklärung und Gerechtigkeit für Daunte Wright zu. Gannon betonte: «Es gibt nichts, was ich sagen kann, um den Schmerz der Familie zu lindern.» Ihm sei nicht bekannt, dass im Wagen des Opfers eine Waffe gefunden worden sei.

Die Polizistin sei während der laufenden Untersuchung freigestellt worden. Die Polizisten hätten Wright kontrolliert, weil die Zulassung seines Wagens abgelaufen gewesen sei. Bei der Überprüfung seiner Personalien hätten sie dann festgestellt, dass gegen ihn ein Haftbefehl wegen eines «groben Vergehens» vorliege.

Fall erinnert an George Floyd

Elliott sagte, dass nach dem Tod von George Floyd erneut ein Schwarzer durch die Polizei getötet worden sei, sei «herzzerreissend und einfach unfassbar». Der Bürgermeister betonte: «Das hätte nicht zu einer schlechteren Zeit geschehen können.» Amerika und die ganze Welt blickten auf die örtliche Gemeinschaft, die nach dem Tod Floyds immer noch «am Boden zerstört» sei.

George Floyd
Kurz vor dem Verlust des Bewusstseins rief George Floyd zweimal nach seiner «Mama». - Screenshot/NewYorkTimes

Nach dem Tod Floyds in Minneapolis am 25. Mai 2020 war es in den USA monatelang zu Massenprotesten gegen Polizeigewalt und Rassismus gekommen. Dem Ex-Polizisten Chauvin wird vorgeworfen, bei dem Einsatz im vorigen Jahr sein Knie minutenlang auf George Floyds Hals gepresst zu haben, obwohl dieser flehte, ihn atmen zu lassen.

In Windsor im US-Bundesstaat Virginia wurde unterdessen ein Polizist entlassen, der bei einer Verkehrskontrolle gegen einen schwarzen Leutnant der US-Streitkräfte Reizgas einsetzte. Die Stadt teilte mit, eine Untersuchung des «unglücklichen» Vorfalls vom vergangenen Dezember habe ergeben, dass der Polizist Verfahrensregeln nicht eingehalten habe.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

George FloydGewaltProtestJoe Biden