Viele Menschen sind ferienreif und wollen im Sommer verreisen – Inflation hin oder her. Nau.ch beantwortet zentrale Fragen mit Blick auf die Ferientrends.
Sommer 2022 Flugchaos
Hoffnung auf Besserung besteht: Ob ein Flugchaos wie im Sommer 2022 aber sicher ausbleibt, lässt sich nicht sagen. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Lust auf Reisen ist nach Corona in diesem Sommer wieder gross.
  • Dies, obwohl die Preise für Flüge, Unterkünfte und Pauschalangebote stark angezogen haben.
  • Flughäfen haben aus der Vergangenheit gelernt und sind auf viele Reisende eingestellt.

Die Lust auf Ferien bei uns ist wieder gross, das zeigen Umfragen und Buchungszahlen von Verbänden, Analysten und Veranstaltern.

Der Reisesommer 2023 verspricht also gut zu werden für die Branche, die sich in der vergangenen Woche (7. bis 9. März) in Berlin zur Reisemesse ITB getroffen hat. Und wie wird er für die Reisenden? Wir beantworten fünf zentrale Fragen.

Wo reisen die Menschen hin?

Ein Klassiker steht auch diesen Sommer hoch im Kurs: das Mittelmeer. Beim grössten deutschen Veranstalter Tui sind die türkische Riviera, Mallorca und die griechischen Inseln die Top drei.

Ähnlich sieht es bei Alltours und der Anex Gruppe mit den Marken Öger Tours, Neckermann Reisen, Anex Tour und Bucher Reisen aus.

Beim Konzern DER Touristik mit den Marken Dertour, ITS und Meiers Weltreisen seien auf der Kurz- und Mittelstrecke vor allem Spanien, die Türkei, Griechenland, Deutschland und Italien nachgefragt.

Vereinigte Arabische Emirate Reiseziel
Die Vereinigten Arabischen Emirate sind zurzeit ein gefragtes Reiseziel. - Unsplash

Auf der Fernstrecke sind es Nordamerika, Ziele am Indischen Ozean und in der Karibik sowie Thailand und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Mit Blick auf Deutschland schwanken die Angaben der Veranstalter indes zwischen starker und weniger grosser Nachfrage. Das ist aber auch wenig überraschend.

Grund: Nach der Corona-Pandemie, als Ferien hierzulande aufgrund vieler Reisebeschränkungen geboomt hatten, haben sich die Verhältnisse der Vor-Corona-Zeit wieder eingestellt, das zeigt eine aktuelle Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR).

Wird das Reisen in diesem Sommer teurer?

Pauschal lässt sich das nicht beantworten, für viele Bereiche lautet die Antwort: wahrscheinlich ja.

Beispiel Flugpreise: Laut einer Suchanfragen-Analyse der Reisesuchmaschine Kayak sind Flüge für diesen Sommer (konkret: zwischen 1. Juni und 15. September) im Schnitt erheblich teurer geworden – in Europa von 250 Franken(2022) auf 300 Franken(2023), ein Plus von mehr als 20 Prozent.

Buchungen Sommerreisen Strand barfuss
Barfuss am Strand: Die Buchungen für die Sommerreisen haben stark angezogen. - dpa

Auf der Fernstrecke war die Steigerung von vergangenem zu diesem Sommer ungefähr genauso hoch. Von durchschnittlich 740 auf 895 Franken kletterten die Preise.

Auch Ferienhäuser und -wohnungen werden laut einer Umfrage teurer. Im Schnitt kostet deren Miete knapp sechs Prozent mehr als 2022. Rund drei von fünf befragten privaten und gewerblichen Vermietern haben die Preise demnach für dieses Jahr erhöht.

Und mit Blick auf Pauschalreisen für die Sommerferien 2023 hatte das Reisebuchungs- und Bewertungsportal Holidaycheck im Dezember auf Basis einer eigenen Preisanalyse schon geschrieben, dass sie «teilweise drastisch teurer» werden.

Wie lässt sich sparen und ist Last-Minute etwas drin?

Tatsächlich sieht es mit Buchungen in letzter Minute eher schlecht aus. Von Alltours heisst es dazu zum Beispiel: Wegen der gestiegenen Nachfrage in der Sommersaison 2023 sei nicht auf viele Last-Minute-Schnäppchen zu hoffen.

Frühbucher Geldsparen Reisen
Frühbucher sind meist besser dran, wenn es ums Geldsparen beim Reisen geht. - dpa

Die gute Nachricht: Tatsächlich sind noch immer Rabatte für Sommerbuchungen drin, bei vielen Veranstaltern gibt es dafür bis Ende März Frühbucher-Nachlässe.

Wer indes flexibel beim Reiseziel und -zeitraum sowie der Hotel-Klassifizierung ist, hat durchaus Chancen auf Schnäppchen in letzter Minute. Hat man allerdings einen ganz bestimmten Wunschzielort im Sinn, sollte man nicht darauf spekulieren.

Wird es wieder chaotische Zustände an den Flughäfen geben?

Allen voran Personalmangel im Luftverkehr hat im vergangenen Reisesommer an den Flughäfen teils für erhebliche Probleme gesorgt und vielen den Start in die Ferien gründlich verhagelt.

Ob diesen Sommer alles besser abläuft, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Ganz überwunden sind die Personalengpässe in der Branche nicht.

Während viele Touristiker auch 2023 mit Wartezeiten und Flugstreichungen rechnen, blickt Veranstalter Alltours zuversichtlich auf diesen Flugsommer: «Die Flughäfen haben nach unserer Einschätzung aus der Vergangenheit gelernt und zahlreiche Massnahmen ergriffen.»

Apropos Fliegen: Was ist eigentlich mit dem Umweltbewusstsein?

Mit Blick auf Klima und Nachhaltigkeit reisen, darüber wird viel geredet. Nur in der Buchungspraxis schlägt das offenbar noch eher wenig durch.

So heisst es etwa in der aktuellen ADAC-Tourismusstudie: Nur fünf bis zehn Prozent der Befragten seien bereit, auch nur einen kleinen Aufpreis für nachhaltige Leistungen zu zahlen. Auch Themen wie der CO2-Fussabdruck der Reise spielten bei der Buchung eine untergeordnete Rolle.

Für Tourismusforscher Prof. Harald Zeiss von der Hochschule Harz ist das kaum überraschend: Man beobachtete seit Jahren, dass Menschen bei Umfragen angeben, dass ihnen Nachhaltigkeit wichtig sei. Das habe auch mit sozialer Erwünschtheit zu tun.

«Wenn es dann jedoch ums Geld geht, steigen viele aus.» Deshalb sinke die Relevanz von Aspekten der Nachhaltigkeit in den Umfragen immer stark, sobald es um die konkrete Buchung gehe.

Dabei sei Nachhaltigkeit nicht unbedingt ein Thema, das Kosten verursacht, sagt Tourismusforscher Zeiss. «Man kann nachhaltige Ferien machen, die nicht teurer sind.»

Fliegen umweltschädlich Reiselust Hintergrund
Die Tatsache, dass Fliegen umweltschädlich ist, rückt angesichts der Reiselust aktuell wieder in den Hintergrund. - Unsplash

Etwa, indem man eben nicht weit wegfliegt, sondern eher in der Nähe verreist, indem man der Bahn den Vorzug vorm Flieger gibt. «Das ist mehr eine Frage der persönlichen Einstellung als eine Frage der Grösse des Geldbeutels.»

Dass neben Kreuzfahrten gerade Flugreisen oft klimaschädlich sind, scheint angesichts der aktuellen Reiselust der Menschen nach den Einschränkungen durch Corona in der allgemeinen Wahrnehmung etwas in den Hintergrund geraten zu sein.

«Ich glaube, wir sind noch in einer Nachholphase, die ein, zwei Jahre dauern wird», so Zeiss. «Aber wir werden wieder in eine Art Flugbewusstseinsphase kommen, in der man von anderen zunehmend kritisch gesehen wird, wenn man fliegt.»

In der sich Reisende immer weniger trauen würden, von Flugreiseerfahrungen zu erzählen. «Weil andere womöglich sagen: Mit deinem Verhalten schädigst du doch die Umwelt, die du geniessen willst.»

Das vor Ausbruch der Pandemie weitverbreitete Schlagwort Flugscham würde er aktuell noch nicht nutzen – aber Zeiss glaubt, dass es wiederkommen wird.

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