Er schnarcht! Warum getrennte Schlafzimmer keine Trennung bedeuten
Es gibt Gründe, getrennte Schlafzimmer in Betracht zu ziehen. Beispielweise, wenn der Partner schnarcht. Eine Kolumne von Sexualberaterin Sandra Torokoff.

Das Wichtigste in Kürze
- Bedeuten getrennte Schlafzimmer das Ende einer Beziehung?
- Sexualberaterin Sandra Torokoff klärt in ihrer neuesten Lust-Kolumne auf.
Beim Thema getrennte Schlafzimmer geht es um viel mehr als nur um einen Raum mit einem Bett.
Es geht um Nähe, um Distanz, um Begehren, Schlafqualität und manchmal auch um Ängste. Aber vor allem geht es um eine bewusste Entscheidung.
Warum wollen wir getrennt schlafen?
Die wichtigste Frage dabei ist: Warum wollt ihr getrennt schlafen? Wenn die Beziehung ohnehin wenig Nähe oder Intimität kennt (oder bereits kriselt) kann räumliche Trennung schnell zu emotionaler Entfernung führen.
Dann ist der Schritt oft weniger ein Ausdruck von Fürsorge, sondern ein weiterer Rückzug.
Es gibt viele gute Gründe
Doch es gibt viele gute, rationale Gründe, getrennte Schlafzimmer in Betracht zu ziehen: Beispielsweise das Schnarchen, unterschiedliche Schlafrhythmen. Oder, das Licht, das stört. Das Handy des anderen. Verschiedene Temperaturbedürfnisse. Frühes Aufstehen oder spätes Ins-Bett-Gehen. Oder ganz simpel das Bedürfnis nach Ruhe und Freiraum. Manche wollen auch einfach im Bett den «Seestern» machen.
Wenn einer von beiden regelmässig schlecht schläft, leidet oft die ganze Beziehung. Getrennte Schlafzimmer können helfen, die Schlafqualität zu verbessern – was wiederum zu mehr Energie, Ausgeglichenheit und emotionaler Offenheit führt.
Wo bleibt die Spontanität?
Ein häufiges Gegenargument lautet: «Aber was ist dann mit der Spontanität?» Und ja, es stimmt: Wer nicht nebeneinander liegt, begegnet sich seltener zufällig im Halbschlaf, kuschelt sich nicht automatisch an – oder lässt ein zartes Streifen zu mehr werden.
Doch hier ist der ehrliche Blick: Auch in langen Beziehungen – selbst wenn man im selben Bett schläft – geht Spontaneität oft mit der Zeit verloren.
Der Alltag nimmt Raum ein, Müdigkeit siegt, man dreht sich mit dem Rücken zueinander und scrollt noch schnell am Handy.
Spontane Nähe ist wunderschön – aber sie bleibt selten und dauerhaft «automatisch». Sie darf gepflegt eingeladen werden, gerade in langfristigen Beziehungen. Und das geht mit getrennten Schlafzimmern genauso gut – nur eben bewusster.
Nähe braucht Entscheidung, nicht ein Bett
Viele Paare fürchten, dass mit getrennten Schlafzimmern die Nähe verschwindet. Doch Nähe ist kein Zufallsprodukt.
Wer im selben Bett liegt, ist sich nicht automatisch nah. Man kann nebeneinander schlafen – und sich trotzdem meilenweit entfernt fühlen.
Umgekehrt kann Nähe auch dann entstehen, wenn man sich bewusst begegnet. Warum also nicht ein liebevolles Ritual daraus machen, den anderen am Abend zu besuchen?
Ein zärtlicher Moment, ein Gespräch, ein Gute-Nacht-Kuss. Und dann zieht sich jeder in seinen Raum zurück, um in Ruhe zu schlafen.
Die Nähe in einer Partnerschaft lebt nicht vom Nebeneinanderliegen, sondern vom Interesse füreinander.

Mehr Raum für das Ich – und für das Wir
Wir Menschen brauchen Nähe – aber auch Raum. Manche mehr, manche weniger.
Ein eigenes Schlafzimmer kann nicht nur Rückzug bedeuten, sondern auch ein Ort sein, an dem man zur Ruhe kommt, sich sortiert, besser schläft. Und dadurch wieder mehr zu geben hat.
Viele Paare würden sich diesen Freiraum wünschen. Doch getrennte Schlafzimmer zu haben, ist nicht für alle möglich: Es braucht Platz oder ein zusätzliches Zimmer. Und das ist ein Luxus, den man sich leisten können muss.
Manchmal entsteht durch räumliche Distanz sogar wieder ein Gefühl von «Vermissen». Dieses leichte Ziehen, dieser Wunsch nach Berührung.
Gerade in langen Beziehungen kann genau das dem Begehren wieder frischen Wind geben.
Getrennte Schlafzimmer bedeuten also nicht automatisch weniger Intimität. Im Gegenteil: Sie können sogar die Qualität der Begegnungen steigern.

Kommunikation ist der Schlüssel
Wichtig ist, dass ihr über eure Beweggründe sprecht: Geht es um Schlafqualität? Um Selbstfürsorge? Oder etwa um emotionale Distanz?
Je klarer ihr euch darüber seid, desto eher wird aus der räumlichen Veränderung eine bewusste Entscheidung – und keine stille Entfremdung.
Wie die psychologische Beraterin Sandra Surace so schön sagt: «Es geht nicht darum, weniger Zeit miteinander zu verbringen, sondern darum, die gemeinsame Zeit bewusster und wertvoller zu gestalten.»
Mein Fazit: Nähe ist kein Ort, sondern eine Haltung. Getrennte Schlafzimmer sind also kein Beziehungsurteil. Sie sind eine Möglichkeit.
Eine Einladung, Bedürfnisse ernst zu nehmen – ohne sich aus den Augen zu verlieren. Eine Chance, Intimität nicht dem Zufall zu überlassen, sondern sie bewusst zu gestalten.
Denn am Ende zählt nicht, wo wir schlafen – sondern wie wir lieben.
Zur Person: Die Bernerin Sandra Torokoff ist Beraterin rund um das Thema Sexualität, hat zwei Kinder und ist verheiratet.