Flugreisen und Nachhaltigkeit scheinen sich auszuschliessen. Doch wie schädlich sind Langstrecken- und Kurzstreckenflüge nun wirklich?
Nachhaltigkeit
Sind Flüge wirklich so umweltschädlich? - Pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • Schweizerinnen und Schweizer fliegen fast doppelt so oft wie ihre europäischen Nachbarn.
  • Die CO2-Emissionen des Schweizer Flugverkehrs steigen jährlich um drei Prozent.
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Das Fliegen hat in den letzten Jahren keinen leichten Stand. Flugzeuge gelten als CO2-Schleudern, die einen grossen Anteil am Klimawandel haben.

Vor allem unter jungen Leuten, die viel Wert auf Nachhaltigkeit legen, war viel von Flugscham die Rede. Doch dann kam die Corona-Pandemie.

Die erzwungene Pause vom Reisen scheint zu einem enormen Nachholbedarf geführt zu haben. Die Schweizerinnen und Schweizer drängte es 2023 wieder ins Ausland und nicht nur der internationale Flughafen von Zürich verzeichnete Rekordzahlen.

Die Schweiz als Hort der Vielflieger

Laut Bafu-Statistiken zufolge fliegen Schweizerinnen und Schweizer fast doppelt so häufig wie ihre europäischen Nachbarn.

Damit hat der nationale und internationale Luftverkehr in der Schweiz einen Anteil von 13,5 Prozent an den hierzulande erzeugten CO2-Emissionen. Zum Vergleich: Weltweit betrachtet hat der Flugverkehr lediglich einen Anteil von zwei bis 2,5 Prozent.

Fliegen
Die Schweizer fliegen vergleichsweise viel. - Pexels

Angebote wie die Kompensation des CO2-Fussabdrucks werden dagegen kaum angekommen. So hatte es die Swiss mit dem «Green Tarif» versucht, bei dem eine Kompensation bereits enthalten war.

Doch kaum jemand hatte Interesse, je nach Flugziel 20 bis 100 Franken mehr zu bezahlen. Hier hört es mit dem Wunsch nach Nachhaltigkeit dann wieder auf.

Die CO2-Emissionen auf der Kurzstrecke und Langstrecke

Am Pranger stehen vor allem Langstreckenflüge, da diese insgesamt gesehen besonders viel CO2 produzieren. Doch dies ist nur die halbe Wahrheit.

Wer beispielsweise von Zürich nach New York und zurückfliegt, erzeugt zwei Tonnen CO2 für eine Strecke von 12'600 Kilometern.

Fernziele
Nachhaltigkeit fördern: Fernziele können oft nicht mit der Bahn, sondern nur mit dem Flugzeug erreicht werden. - Pexels

Wer dagegen von Zürich nach Amsterdam fliegt, erzeugt 0,322 Tonnen CO2 für eine Strecke von 1200 Kilometern. Auf der Webseite «myclimate» kann der ökologische Fussabdruck berechnet werden.

Insgesamt gesehen erzeugt der Flug nach Amsterdam und zurück mehr CO2. Vor allem beim Start und bei der Landung wird viel Kerosin verbraucht.

Mit dem Zug oder mit dem Flugzeug?

Dazu kommt: Wer wirklich auf Nachhaltigkeit wert legt, der kann mit dem umweltfreundlichen Zug nach Amsterdam gelangen. Bei Fernzielen wie New York ist dies jedoch keine Option.

Wird der Flugverkehr falsch bewertet?

Die Universität St. Gallen hat sich umfassender mit dem Thema beschäftigt. Für eine Studie hat sie erstmals auch die Infrastruktur mit einbezogen. Eisenbahnschienen und Bahnhöfe, Strassen und Tankstellen und dazu Flughäfen.

Wird zum Beispiel eine neue Bahnstrecke gebaut, schlägt jeder Kilometer Gleis mit 240 Tonnen CO2 bei der Herstellung zu Buche.

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Die Universität St. Gallen (HSG). - keystone

Ein Kilometer Bahntunnel bringt es sogar auf 27'000 Tonnen CO2. Bei diesem Argument haben die Studienautoren vor allem den neuen Gotthardtunnel durch die Alpen im Visier gehabt.

Ein weiteres Argument, das für das Flugzeug ins Feld geführt wird, ist die Beschleunigung: Das Flugzeug muss nur einmal starten. Auto und Zug müssen dagegen nach jeder Ampel oder jedem Bahnhof erst mal neu Gas geben. Nachhaltigkeit muss also als Ganzes gesehen werden.

Wie kann Nachhaltigkeit beim Reisen gelingen?

Der Wunsch nach Mobilität ist ungebremst. Eine Reduzierung des Flugverkehrs ist vermutlich nur über hohe CO2-Aufschläge möglich, die dann keine freiwillige Kompensation mehr darstellen. Wie sinnvoll dies ist, wenn andere Länder jährlich Hunderte neue Flugzeuge bestellen, sei dahingestellt.

Dorfleben
Die Schweiz besteht aus 2148 Gemeinden. - Depositphotos

Der Zug ist aber auch nur eine wirklich umweltfreundliche Alternative, wenn bereits vorhandene Zugstrecken genutzt werden.

Daneben gibt es natürlich noch eine weitere Option: Einfach mal in der näheren Umgebung bleiben und die Schönheit der Schweiz geniessen.

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