Gemeinderat begründet Entscheid
Der Gemeinderat Wettswil am Alois begründet den Entscheid zur Abstimmungsvorlage Spital Affoltern vom 19. Mai 2019.

Begründung des Entscheides zur Abstimmungsvorlage Spital Affoltern vom 19. Mai 2019
Der Gemeinderat, welcher sich mit der wichtigen "Spital"-Frage bereits seit einiger Zeit intensiv auseinandergesetzt hat, ist nach eingehender Beurteilung des Antrages der Zweckverbands-Delegiertenversammlung zum Entscheid gelangt, den Wettswiler Stimmberechtigten die Annahme der Vorlage über die Zweckverbands-Auflösung zu empfehlen. Die Zweckverbands-Rechtsform ist für einen Spital-Betrieb aus verschiedenen Gründen, wie z.B. die schwerfällige Organisationsform, unzweckmässig und birgt wirtschaftliche Risiken. Ebenso haben die letzten Jahre gezeigt, dass ein Weiterbestehen des Zweckverbandes zu keinen positiven Veränderungen geführt hat. Nur die Auflösung des Zweckverbandes generiert die Möglichkeit für notwendige Veränderungen, welche Richtung dieselben auch immer nehmen werden. Aus diesen Gründen empfiehlt der Gemeinderat seiner Bevölkerung ein JA zur Auflösung.
Die von der Delegiertenversammlung zur freiwilligen Abstimmung unterbreiteten Vorlagen gemeinnützige AG Spital Affoltern (gAG) und interkommunale Anstalt Pflegezentrum Sonnenberg (IKA Langzeitpflege) - als Nachfolge-Organisationen des Zweckverbands Spital Affoltern - sind aus Sicht des Gemeinderates Zukunftsszena- rien, welche auf sehr vielen Annahmen, wenig abgestützten Fakten und bezüglich Investitionen auf keinen transparenten und verbindlichen Zahlen basieren. Der Gemeinderat kann diese beiden Vorlagen daher den StimmbürgerInnen nicht mit gutem Gewissen zur Abstimmung unterbreiten.
Spitalvorlage
Die vorgeschlagene gAG für das Spital Affoltern ist keine tragfähige und nachhaltige Lösung. Diese hätte nur eine Chance bei einer Straffung seiner Angebote, welche zum heutigen Zeitpunkt in den Unterlagen nicht aufgezeigt wird. Der hohe Investitionsbedarf zur Modernisierung der veralteten Spitalinfrastruktur ist kaum vertretbar, dies auch angesichts der Tatsache, dass gemäss Aussage der Gesundheitsdirektion das Spital nicht versorgungsrelevant ist. Die Region Knonaueramt ist mit den umliegenden Spitälern Triemli, Limmattal, Muri und dem Kantonsspital Zug sehr gut versorgt und die meisten Wettswiler Einwohner gehen ohnehin mehrheitlich in diese oder Privat-Spitäler.
Auch die vorgeschlagenen Bestimmungen der Interkommunalen Vereinbarung für die geplante gAG Spital geben zu ernsthaften Bedenken Anlass. Eine Erhöhung des Aktienkapitals - und damit auch die Erhöhung der Beteiligung der einzelnen Gemeinde, welche auch gegen deren Willen beschlossen werden kann - sowie das sehr einge- schränkte Veräusserungsrecht von Aktien für die betroffenen Gemeinden und die Verpflichtung zu einer Bürgschaft über 18 Mio. Franken, können nach Ansicht des Gemeinderates zu erheblichen Risiken führen.
Eine realistische Beurteilung der Chancen über die Platzierung auf der Spitalliste fehlt genauso, wie Pläne bezüglich des Spitalneubaus mit zumindest grober Raumaufteilung für medizinische Behandlung und Betten, sowie ein Zeit- und Kostenplan für die neue Infrastruktur. Ebenso liegt kein Geschäftsplan vor, der klar aufzeigt, wie die Zeit bis zur Eröffnung des Neubaus überbrückt werden soll und wie sich dann der Rückfluss zur Abschreibung der Investitionen gestaltet. Antworten zu Fragen, wie z.B. derjenigen, wie nach dem Neubau Patienten und medizinisches Personal nach Affoltern geholt werden können, um den Betrieb auszulasten, fehlen ebenso. Die Probleme sind seit Jahren bekannt, Fortschritte wurden bisher keine gemacht. Dazu ist das Führen eines Spitales seit 2012 nicht mehr Gemeindeaufgabe. Die „geschätzten“ Investitionskosten sind mit enormen Risiken verbunden und die Auswirkung auf die Ge- meindefinanzen mit den zur Zeit vorliegenden Zahlen ist nicht abschätzbar.
Vorlage Langzeitpflege
Die IKA Langzeitpflege mag eine gute Sache sein. Jedoch sind auch hier die Unterlagen zu wenig konkret und detailliert und vermögen nicht zu befriedigen. In den aktuellen Unterlagen wird der Investitionsbedarf zwar nicht mehr erwähnt, dieser wurde aber noch vor einem Jahr mit 25 Mio. Franken für einen Neubau Rigi und für die Sanierung Pilatus beziffert. Zwischenzeitlich wurde auch schon von 50 Mio. Franken gesprochen. Die Auswirkungen von grösseren Investitionen auf das Ergebnis der Langzeitpflege sind sowohl in der Übergangszeit als auch in der Zeit nach dem Neubau nicht bekannt und können zusätzliche Verlustrisiken nach sich ziehen. Die Vorlage umfasst einen Gründungsvertrag für die IKA, ist aber inhaltlich in vielen Belangen sehr vage. Es fehlt insbesondere ein Geschäftsplan, der aufzeigen müsste, wie sich die geplanten Investitionen und Ausbauten des Leistungsangebotes finanziell auswirken.
Ebenso wurden Alternativen, wie z.B. Angebote durch einen privaten Anbieter oder ein alternativer Standort nicht in Betracht gezogen. Der Zweck der IKA ist zudem sehr breit gefasst und ermöglicht, diverse Leistungen anzubieten, die nicht unbedingt im Sinne der Verbandsgemeinden sind, wie z.B. betreutes Wohnen, welches diverse Gemeinden lokal anbieten möchten. Mit einem JA zu der Vorlage würde trotz all diesen unbekannten Faktoren eine Verbindlichkeit über mindestens 4 Jahre eingegangen.
Zusammenfassend
Der Gemeinderat geht davon aus, dass nicht nur er, sondern auch die StimmbürgerInnen sowie Steuerzahlenden klare und konkrete Konzepte und Pläne erwarten, damit sie genau wissen, worauf sie sich einlassen. Es ist seine Pflicht, die StimmbürgerInnen ausreichend über die Risiken und Chancen von Abstimmungen zu informieren.
Aus all diesen Gründen ist der Gemeinderat nach eingehender Prüfung der Unterlagen zur Überzeugung gelangt, dass eine Abstimmung zu den vorgeschlagenen Nachfolge-Institutionen zum Zweckverband Spital Affoltern aus Gemeindesicht mit dem heutigen Wissensstand und vor dem Hintergrund von beträchtlichen finanziellen Risiken und vertraglichen Verbindlichkeiten nicht zu verantworten ist und deshalb die beiden "freiwilligen" Vorlagen nicht zur Abstimmung gebracht werden dürfen.