Ist eine Krise aus dem Fokus der Öffentlichkeit gerückt, gehen die humanitären Gelder oft zurück. Doch die Menschen leiden weiter – und hungern im Stillen.
Kind mit Hund
In Venezuela und unter venezolanischen Geflüchteten herrscht weiterhin Hunger. Doch über diese Krise berichtet kaum noch jemand. - World Vision
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Das Wichtigste in Kürze

  • Aufgrund steigender Preise wird es für ärmere Menschen immer schwieriger, Essen zu kaufen.
  • Der Klimawandel, der Ukraine-Krieg und die Folgen der Corona-Pandemie sind Preistreiber.
  • Zugleich verzeichnen Hilfsorganisationen eine Unterfinanzierung der humanitären Programme.
  • Bei langanhaltenden Krisen ist es deutlich schwerer, finanzielle Mittel zu finden.

Für die siebenjährige Evelyn und ihre Familie ist es normal geworden, Mahlzeiten auszulassen. Die Familie lebt im Flüchtlingslager Bidi Bidi in Uganda. Evelyns Vater hat aufgrund der Pandemie seine Arbeit verloren – und kann somit seine Familie nicht mehr ernähren.

Die zehnköpfige Familie ist auf Hilfsprogramme und die Grosszügigkeit von Nachbarn angewiesen, um bestenfalls einmal am Tag zu essen. Als sie zum ersten Mal mit dem international tätigen Kinderhilfswerk World Vision sprach, hatte Evelyn seit 24 Stunden keine Nahrung mehr zu sich genommen.

Doch dies sei keine lange Zeit, meinte die Mutter: «Vor einer Woche haben wir vier Tage lang nichts gegessen», sagte sie.

7-köpfige Familie
Evelyn und ein Teil ihrer Familie. Keine oder nur wenig Nahrung zu haben, ist zur Normalität geworden. - World Vision

Die Situation von Evelyn und ihrer Familie ist kein Einzelfall. Aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie, der klimatischen Veränderungen und langanhaltender sowie neuer Konflikte steht die Welt vor einer globalen Hungerkrise.

Ukraine-Krieg heizt Preise an

Weiter angeheizt wird die Hungerkrise durch die steigenden Preise für Lebensmittel, Dünger und Treibstoff ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine.

Unterbrechungen der globalen Getreideexporte in der Ukraine und Russland haben schwerwiegende Auswirkungen auf jene Länder, die stark von Weizenimporten abhängig sind. Die beiden Länder produzieren fast ein Drittel (30 Prozent) des globalen Weizens.

Geflüchtete spüren die globale Krise

Die Krise trifft die Ärmsten der Armen. Darunter sind viele geflüchtete Kinder und Familien, die bereits vor der Pandemie in Not lebten. Sie leiden am meisten.

Die Studie «Hungry and unprotected children: The forgotten refugees» von World Vision zeigt, dass 82 Prozent der Geflüchteten und Binnenvertriebenen sich das Nötigste wie Miete, medizinische Versorgung und Lebensmittel nicht mehr leisten können.

Verteilung LEbensmittel
Geflüchtete und Binnenvertriebe wie hier in der Demokratischen Republik Kongo müssen ihre Arbeit aufgeben und Felder verlassen – mit der Konsequenz, dass sie keine Nahrung mehr kaufen können. - World Vision

Die Menschen sind auf die Hilfsorganisationen angewiesen, die sie mit dem Nötigsten versorgen. Doch: Auch Internationale Organisationen wie das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) sind von den steigenden Lebensmittelpreisen und Exportbeschränkungen betroffen – bei einer gleichzeitigen Unterfinanzierung der Programme.

Das Resultat: Es können nicht mehr genügend Güter erworben und verteilt werden.

Langanhaltende Krisen eher unterfinanziert

Der Mangel an finanziellen Mittel unterscheidet sich allerdings je nach Konflikt stark. Der Bedarf für die Ukraine beispielsweise wurde in einem Blitzappell zu 61,5% (1,38 Milliarden US-Dollar) gedeckt. Weitere 340,48 Millionen US-Dollar wurden für die regionale Flüchtlingshilfe bereitgestellt.

Das ist im Vergleich mit anderen Krisen und Konflikten, die nicht mehr – oder nie – im Fokus der Öffentlichkeit standen ausserordentlich viel: Die Nothilfe für Bangladesch, wo im grössten Flüchtlingslager der Welt Cox's Bazar 860´000 Menschen unter prekären Umständen leben, ist nur zu 18% gedeckt.

Rohyngia Famile
Die Rohingya wurden in einem gewaltvollen Konflikt aus Myanmar vertrieben. Viele flüchteten nach Bangladesch und strandeten im Flüchtlingslager Cox's Bazar. - World Vision

In Mali und der Demokratischen Republik Kongo, wo langwierige Konflikte herrschen, sind um die 10 Prozent der benötigten finanziellen Mittel bewilligt.

Die Hilfe für venezolanische Binnenflüchtlinge und Menschen, die aus Venezuela nach Kolumbien geflohen sind, ist gerade mal zu 0,3 Prozent gedeckt.

Weltweit sind im Durchschnitt nur 18% der geforderten finanziellen Mittel für Krisensituationen bewilligt, führt das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) aus. Dieses listet die finanziellen Bedürfnisse der einzelnen Krisenherde im Detail auf.

3-köpfige Familie
Der junge Vater Tony ist mit seiner Familie aus Venezuela nach Kolumbien geflüchtet. Hier konnte er keine Arbeit mehr finden, Covid-19 hat auch Kolumbiens Wirtschaft stark getroffen. - World Vision

Als grösster Durchführungspartner des WFP ist World Vision ebenfalls von den globalen Finanzierungs- und Lieferkettenproblemen betroffen.

Das Kinderhilfswerk befürchtet eine starke Zunahme von Hunger im Jahr 2022. Denn die Weltgemeinschaft ist nun gezwungen, Essen von denen zu rationieren, die hungern, um jene zu retten, die Verhungern. Es ist absehbar, dass dies langfristige Folgen auf die Kinder und ihre Familien hat.

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