Immer mehr Hotel-Mitarbeitende sprechen nur noch Englisch

Immer mehr Personal spricht nur noch Englisch – und das in Schweizer Hotels. Eine Hotelière erklärt, wieso Deutsch kein Einstellungskriterium mehr ist.

Die Rezeption eines Hotels. (Symbolbild) - sda - KEYSTONE/STEFFEN SCHMIDT

Das Wichtigste in Kürze

  • Immer mehr Mitarbeitende sprechen nur noch Englisch in Schweizer Hotels.
  • Deutsch könne kein Einstellungskriterium mehr sein, weil es zu wenig Personal gebe.
  • Fast die Hälfte des Personals im Gastgewerbe kommt aus dem Ausland.

«Einen gespritzten Weissen sauer und ein Weissbier, bitte.» Die Kellnerin im Designhotel im Berner Oberland stutzt. «I’m sorry, I only speak English», sagt die Kroatin. Niemand von der Barbedienung könne Deutsch – ob es auch auf Englisch gehe?

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Die Barbesucherin wiederholt die Bestellung – mehr schlecht als recht – und fragt nach «wine spritzer und weiss beer». Und tatsächlich erhält sie schliesslich, was sie bestellt hat. Doch eine Standardbestellung in einem Schweizer Hotel wird immer schwieriger. Denn: Vielerorts spricht das Personal nur noch Englisch.

Deutschsprachiges Personal ist rar

«In den letzten Jahren gab es Entwicklungen in die Richtung, dass mehr Englisch in den Betrieben gesprochen wird», bestätigt HotellerieSuisse. Jedoch sei das je nach Region und von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich.

«Fakt ist, dass man die Bedürfnisse nicht mehr mit deutschsprachigen Mitarbeitenden abdecken kann», sagt auch Daniel Renggli. Laut dem CEO der Revier Group sei dies vor Corona Pflicht gewesen.

In Schweizer Hotels der Gruppe, etwa in Adelboden BE und Lenzerheide GR, hätten zwar nur deutschsprachige Mitarbeitende direkten Kontakt zu Gästen. «In unserem Hotel in Österreich hingegen können wir das nicht mehr bieten und müssen auf englischsprachiges Personal zurückgreifen», so Renggli.

«Ein Lächeln funktioniert in allen Sprachen!»

«Leider ist es eben schon so, dass es wirklich viel schwieriger geworden ist, Mitarbeiter zu finden. Vor allem in den Saisonbetrieben ist das eine echte Herausforderung», erklärt auch Susanna Staehli vom Hotel Eiger in Mürren BE. «Wenn Deutsch zwingend nötig wäre als Einstellungskriterium, müssten wir schon längst an der Dienstleistung Abstriche machen und Abteilungen schliessen.»

Jedoch seien anderssprachige Neueinsteiger oft «wirklich sehr motiviert» und bereit, im Job Deutsch zu lernen. «Und ein Lächeln funktioniert ja in allen Sprachen!», so Staehli.

Schuld daran ist gemäss dem Verband der Fachkräftemangel. «Es ist unumgänglich, das Potenzial von ausländischen Fachkräften zu nutzen», heisst es auf Anfrage. Die Branche würde oft den Mitarbeitenden auch die Möglichkeit geben, sich in den erforderlichen Sprachen weiterzubilden.

2021 kamen im Gastgewerbe gemäss der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung 45,8 Prozent der Mitarbeitenden aus dem Ausland. 2016 waren es noch 43,9 Prozent.