Astrophysiker analysiert Phasenkurve mit Stift und Papier

Ein Astrophysiker aus Bern hat neue Formeln niedergeschrieben, welche in Sekundenschnelle Daten analysieren – ohne Computer.

Der Berner Astrophysiker Kevin Heng - Universität Bern / Alessandro Della Bella

Das Wichtigste in Kürze

  • Die neuen mathematischen Formeln berechnen Lichtreflexionen von Monden zu Planeten.
  • Das ermöglicht das Analysieren von Daten in Sekundenschnelle.
  • Der Astrophysiker Kevin Heng hat dies ohne Hilfe eines Computers geschafft.

Ein Berner Astrophysiker hat neue mathematische Formeln niedergeschrieben, um Lichtreflexionen von Monden und Planeten zu berechnen. Diese vergleichbar einfachen Formeln ermöglichen es, Daten in Sekundenschnelle – ohne die Hilfe eines Computers – zu analysieren.

Die sogenannte Phasenkurve beschreibt die reflektierte Sonnenstrahlung eines Himmelskörpers, die sich mit dem ändernden Blickwinkel von der Erde ebenso verändert. Die Formen dieser Kurven liefern unter anderem Hinweise auf die Oberflächen und Atmosphären von Monden und Planten.

Der theoretische Astrophysiker Kevin Heng von der Universität Bern ermittelte nun einen ganzen Strauss neuer mathematischer Formeln. Dies, um solche Phasenkurven sowie die Stärke der Reflexion zu berechnen - auf Papier, ohne die Hilfe eines Computers. Die Formeln präsentierte er gemeinsam mit Kollegen am Montag im Fachjournal «Nature Astronomy».

«Stift-und-Papier» im Vergleich mit Computer

Er sei verblüfft gewesen, wie gut seine «Stift-und-Papier»-Berechnungen mit Computerberechnungen übereinstimmen würden. Dies sagte Heng gemäss einer Mitteilung der Universität Bern. Die neue Methode demonstrierten die Forschenden anhand von realen Daten des Exoplaneten Kepler-7b. Dieser kreist um einen sonnenähnlichen Stern im Sternbild Leier.

Aufregend findet Heng nicht nur die Entdeckung einer neuen Theorie. Auch «ihre grossen Auswirkungen auf die Interpretation von Daten» sei aufregend.

Astrophysik: Junge Sterne in der Grossen Magellanschen Wolke. - Keystone

Gemeinsam mit einem Kollegen konnte er, die von der Raumsonde Cassini in den 2000er-Jahren gemessenen Phasenkurven von Jupiter interpretieren. Bisher hatte man auf die Analyse verzichtet, wohl wegen der zu ressourcenintensiven Berechnungen, schrieb die Uni Bern.

Jupiters Atmosphäre mit Wolken gefüllt

Gemäss den mit der neuen Methode durchgeführten Berechnungen sei Jupiters Atmosphäre mit Wolken gefüllt. Diese würden aus grossen, unregelmässigen Partikeln verschiedenster Grössen bestehen. Dies berichten die Forschenden im Fachmagazin «Astrophysical Journal Letters».

Die Berner Forschenden arbeiten derzeit mit Kollegen des amerikanischen Weltraumteleskops TESS zusammen, um dessen Phasenkurvendaten zu analysieren. Heng glaubt ausserdem, dass sich die Analyse der Daten des James-Webb-Weltraumteleskops verändern wird. Dieses soll im Herbst 2021 ins All gebracht werden.

Gemeinsam mit dem Mathematiker Pierre Auclair-Desrotour vom Pariser Observatorium arbeitet Heng auch weiter daran, die Formeln weiter zu verallgemeinern. Es begeistere ihn, dass diese «mathematischen Formeln noch lange nach seinem Tod gültig sein werden. Vermutlich werden sie sogar einst ihren «Weg in Standard-Lehrbücher finden», so Heng.