«Operation Spinnennetz» stärkt Ukraine gegen Russen
Der grosse Erfolg vom Angriff der Ukraine am Sonntag sorgt für Aufsehen. Laut Experte Nicolas Hayoz war es wohl «ein Schock» für die russische Führung.

Das Wichtigste in Kürze
- Am Sonntag griff die Ukraine vier Luftwaffenstützpunkte Russlands an.
- Der Angriff wird von Experte Nicolas Hayoz als «genial» bezeichnet.
- Die Position der Ukraine wird dadurch wohl ausschlaggebend gestärkt.
«Eine brilliante Operation», sagt Wolodymyr Selenskij. «Terroranschläge», entgegnet die russische Regierung.
Die Rede ist von der Operation «Spinnennetz», dem Angriff der Ukraine auf vier der strategisch wichtigsten russischen Luftwaffenstützpunkte am Sonntag. Es war eine der grössten Operationen seit Beginn des Krieges. Ganze eineinhalb Jahre lang soll sie vom Geheimdienst vorbereitet worden sein.
Entsprechend gross ist das mediale Interesse. Aber auch für die Friedensverhandlungen sowie den weiteren Verlauf des Ukraine-Krieges dürfte der Angriff ausschlaggebend sein.
«Sehr schmerzhaft» für Russland
«Über die Folgen dieses genialen Angriffs wird noch viel die Rede sein in der nächsten Zeit», ist sich Experte Nicolas Hayoz sicher. Er ist Professor im Departement für Europastudien und Slavistik an der Universität Freiburg.
Aus russischer Sicht sei klar: «Der Angriff ist sehr schmerzhaft.»
Einerseits seien damit beträchtliche Teile der russischen Bomberflotte zerstört worden. «Man spricht von etwa einem Drittel», so Hayoz.
Darunter «Flugzeugtypen, die noch aus dem kalten Krieg stammen und nicht mehr produziert werden oder die extrem teuer und nur in kleiner Zahl vorhanden sind».
Andererseits seien die zerbombten Flugzeuge laut dem Experten hauptsächlich im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt worden. «Und diese Flugzeuge wurden vor allem als Abschussbasen für Marschflugkörper und Lenkraketen benutzt, die in der Ukraine für Tod und Verwüstungen verantwortlich sind.»
Russland glaubte Stützpunkte in Sicherheit
Die Ukraine konnte also grossen Schaden bei Russland anrichten – sowohl finanziell als auch für dessen weitere Kriegsführung.
Besonders frustrierend für Putin dürfte aber auch sein, dass die getroffenen Stützpunkte eigentlich sicher sein sollten: «Die russische Führung glaubte, dass diese Flugplätze ausserhalb der Reichweite von ukrainischen Drohnen stehen», sagt Hayoz.
00:00 / 00:00
Dass die Ukraine zu diesem Angriff in der Lage war, «das muss für die russische Führung wie ein Schock wirken».
Laut Medienberichten soll der ukrainische Sicherheitsdienst die Drohnen heimlich nach Russland geschmuggelt haben. Danach sei das Vorgehen mit Holzhäusern wiederholt worden.

Unter deren Dächern seien die Drohnen versteckt und verwahrt worden – bis am Sonntag. Per Fernsteuerung seien die Dächer geöffnet und die Drohnen freigesetzt worden und führten den Angriff aus.
Auch aus Lastwagen sollen die Drohnen losgeflogen sein. Die Container explodierten daraufhin. Im Internet kursieren dazu mehrere Bilder und Videos.
Die Ukraine stärkt ihre Position
Mit der Operation «Spinnennetz» erreicht die Ukraine ein wichtiges Ziel: Laut Hayoz will die ukrainische Armee vermehrt Angriffe auf Waffensysteme tief im russischen Territorium durchführen können.
«Die Ukraine zeigt mit dieser genial geplanten und brillant durchgeführten Operation, dass sie dem Feind Russland empfindliche Schläge zufügen kann», so Hayoz.
Für die kommenden Friedensverhandlungen werden gemäss dem Experten insbesondere die für Russland verursachten Kosten von Vorteil sein: «Die Ukraine geht aus einer Position der Stärke in die jetzt startenden Verhandlungen.»
Zwar bestehe die Möglichkeit, dass die westlichen Unterstützer von dem Angriffsschlag irritiert seien. «Aber das ist eigentlich nicht zu erwarten.»
Hayoz zeigt sich zu den Verhandlungen jedoch trotzdem skeptisch: Es sei «nicht viel zu erwarten».
Ein Zeichen an die USA
Auch in der Regierung von Donald Trump dürfte der starke Auftritt der Ukraine für Aufsehen gesorgt haben. «Mit dieser Operation kann die Ukraine zeigen, wozu sie imstande ist, und dass sie auch in der Lage ist, die Regeln der Kriegsführung neu zu definieren», sagt Hayoz.

«Ein starkes Zeichen an die Adresse der Amerikaner und der US Administration», meint der Experte. Denn diese hätten der Ukraine zuletzt nicht mehr viel zugetraut.
«Eskalation wäre möglich»
Wie genau Putin auf den schweren Rückschlag reagieren wird, sei «schwierig zu sagen».
«Eine Eskalation wäre möglich», meint Hayoz. Tatsächlich gab es bereits Vergeltungsangriffe in voller Härte in der Nacht auf Montag.
Allerdings dürften diese wohl kaum nachhaltig sein. «Anstatt mit nur 500 mit 1000 Drohnen angreifen? Oder mit noch mehr Raketen? Das würde dann auch schnell die Kapazitäten Russlands erschöpfen», sagt Hayoz.