Werden Exhibitionisten zu lasch bestraft?

Ein Exhibitionist in Bern wird festgenommen – ist geständig – und doch wieder auf freiem Fuss. Zurecht, sagt ein Strafrechtler.

Exhibitionismus
Als Exhibitionismus versteht man die explizite Zurschaustellung der Sexualorgane vor einer Drittperson aus sexuellen Beweggründen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In Bern wurde ein Exhibitionist festgenommen, ist jedoch wieder auf freiem Fuss.
  • Exhibitionismus ist ein Antragsdelikt, es braucht also eine Anklage des Verletzten.
  • Ein Strafrechtsprofessor sagt: Kriminalisierung sei vielfach kontraproduktiv.

Immer wieder sorgen Exhibitionisten für Schreck-Momente. Diese daraufhin zu fassen, ist gar nicht so einfach. Der Kantonspolizei gelang es jedoch, einen 28-Jährigen, der sich drei Mal vor Kindern entblösste, zu fassen.

Doch: Sie liessen ihn wieder auf freien Fuss. Obwohl der Exhibitionist geständig ist, wurde keine Untersuchungshaft beantragt. Dafür kämen nun freiwillige Massnahmen seitens des Beschuldigten zum Zuge.

polizei bern brügg
Ein Fahrzeug der Kantonspolizei Bern im Einsatz. (Symbolbild) - keystone

Klingt nach einer laschen Bestrafung – zurecht, sagt Strafrechtsprofessor Jonas Weber von der Universität Bern.

Kriminalisierung von Exhibitionisten «kontraproduktiv»

Weber begrüsst es, hat die Staatsanwaltschaft Bern im jüngsten Fall keine U-Haft beantragt. Denn damit ist die freiwillige Therapie gemäss Schweizerischem Strafgesetzbuch vorgesehen.

«Damit wird der Verdächtigte motiviert, sich mit seinem, die Allgemeinheit störenden, Verhalten auseinanderzusetzen.» Auch gehe es dann darum, Handlungsalternativen zu trainieren. «Eine Kriminalisierung ist in vielen Fällen kontraproduktiv.»

Uni Bern
Jonas Weber vom Institut für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Bern. - Uni Bern

Dass Exhibitionisten nur bei Antrag der Betroffenen bestraft werden, sei angemessen. «Eine Strafverfolgung soll nur in Gang kommen, wenn sich mindestens jemand auch tatsächlich belästigt fühlt.»

Hingegen sei es wichtig, «dass unter Umständen der sozialarbeiterische oder ärztliche Kontakt zum Exhibitionisten aufgenommen wird, um die krankhafte Neigung zu klären».

«Sehr tiefe Zahl» von Exhibitionisten

Gerade im Kanton Zürich verzeichnete man in den vergangenen Sommermonaten eine Zunahme der Fälle von Exhibitionismus. Es ist gar die höchste Zahl der letzten zehn Jahre.

Schweizweit jedoch, so betont Weber, «ist es einen sehr tiefe Zahl». Gesamtschweizerisch wurden 2018 insgesamt 89 Exhibitionisten verurteilt. «Etwas mehr als eine Person pro 100'000», die Jahre zuvor bewegten sich die Zahlen mal etwas drüber, mal etwas darunter. Handlungsbedarf sieht Weber daher – zumindest auf gesetzlicher Ebene – keinen.

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Die Kapo Zürich informiert über den Umgang mit Exhibitionisten. - Nau

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