Mythos vs. Realität: Aufstieg der Route 66

Daniel Huber
Daniel Huber

Sie wird als «America's Main Street», die «Mother Road» und sogar als «Strasse der Welt bezeichnet. Was ist dran am Mythos Route 66?

Route 66
Die Route 66 ist weit mehr als nur eine ehemalige Fernstrasse; sie ist ein kulturelles Phänomen, ein Symbol, das tief im amerikanischen und globalen Bewusstsein verankert ist. - Wikipedia

Die Route 66 entstand nicht im luftleeren Raum. Ihre Trasse folgte oft Pfaden, die eine lange Geschichte hatten: Tierwanderwege, von Ureinwohnern genutzte Pfade und frühe Siedlerrouten. Um die Route 66 zu verstehen, muss man bis zu den Siedlungen nordamerikanischer Urvölker zurückgehen.

Im frühen 20. Jahrhundert wuchs der Drang nach einem nationalen Fernstrassensystem, das die wachsende Automobilkultur bedienen und die riesigen Distanzen des Landes überbrücken konnte.

Route 66
Dei Route 66 hat eine enorme Bedeutung für die USA, wirtschaftlich und auch kulturell. - Wikipedia

Die Realisierung der Route 66 war massgeblich das Werk von Visionären wie Cyrus Avery aus Tulsa, Oklahoma, der als «Vater der Route 66» gilt. Ihre Vision war es, ländliche Gemeinden zu verbinden und wirtschaftlichen Wohlstand zu fördern.

Geburt des U.S. Highway 66 (1926)

Die Schaffung der Route 66 war somit nicht nur ein infrastrukturelles Projekt, sondern ein Akt des wirtschaftlichen und regionalen «Boostertums». Es war ein Versuch, wirtschaftliche Aktivität und Entwicklung entlang eines gewählten Pfades zu kanalisieren.

Route 66 Verlauf
Der Verlauf der Route 66: Die schiere Vielfalt an Erlebnissen, die sie bot, war eine Offenbarung, die auch die Popkultur nachhaltig prägte. - Wikipedia

Die diagonale Streckenführung von Chicago nach Los Angeles war strategisch gewählt. Sie verband hunderte ländliche Gemeinden und bot eine südlichere, ganzjährig befahrbare Alternative zum Lincoln Highway, der oft von Schnee blockiert war.

Die Platzierung entlang des 35. Breitengrades sorgte für milderes Wetter. Dieser «Allwetter»-Aspekt war ein signifikanter Wettbewerbsvorteil und ein Schlüsselargument für den Bau der Strasse.

Prägung des Mythos: Route 66 im amerikanischen Kulturbewusstsein

John Steinbecks Roman «The Grapes of Wrath» (Früchte des Zorns) spielte eine entscheidende Rolle bei der Verewigung der Fernstrasse, insbesondere im Kontext der Dust-Bowl-Migration. Steinbecks Formulierung «66 is the mother road, the road of flight» wurde ikonisch und prägte den bis heute gebräuchlichen Beinamen «Mother Road».

Dust Bowl Route 66
Dust-Bowl-Migration: Die klimatische Ursache für die langjährige Dürre lag in aussergewöhnlichen Wassertemperaturen des Pazifiks und Atlantiks. - Smithsonian Magazine

Bobby Troups Lied «(Get Your Kicks on) Route 66», populär gemacht durch Nat King Cole, wurde zu einem weiteren Meilenstein in der Mythologisierung der Strasse. Das Lied zementierte das Bild der Route 66 als einen Ort für Spass, Abenteuer und «Kicks».

Filme wie «Easy Rider» (1969) nutzten die Route 66 oder ihre Überreste wie die Old Trails Bridge, um Freiheit, Gegenkultur und die Suche nach dem wahren Amerika zu symbolisieren. «Easy Rider» stand für die Befreiung von alten Konventionen, ein Gefühl, das eng mit dem Mythos der Route 66 verbunden ist.

Dust-Bowl-Migration (1930er Jahre)

In den 1930er Jahren wurde die Route 66 zum Hauptweg für die sogenannten «Okies» und andere Migranten, die vor Dürre, wirtschaftlicher Zerstörung und Landenteignungen nach Kalifornien flohen. Steinbeck beschrieb sie treffend als «Pfad der Menschen auf der Flucht, Flüchtlinge vor Staub und schrumpfendem Land».

Diese Wirklichkeit steht in scharfem Kontrast zum später romantisierten Bild sorgloser Abenteuer. Paradoxerweise legte gerade diese Periode immensen Leids einen entscheidenden Grundstein für den Mythos, indem sie die Route mit tiefgreifendem menschlichem Drama und nationaler Bedeutung auflud.

Ohne diesen Massenexodus hätte der Route 66 möglicherweise die tiefe emotionale Resonanz gefehlt, die sie später erlangte. Erfahren Sie morgen mehr zum Mythos Route 66, wenn es im zweiten Teil um den Niedergang und die Wiederbelebung der «Mother Road» geht.

Kommentare

User #4814 (nicht angemeldet)

Ist heute sehr viel Kitsch und Kommerz, aber teilweise sind noch Original-Abschnitte befahrbar. Vor 12 Jahren selber einen kleinen Teil erlebt.

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