Der Bundesrat hat am 4. Juli beschlossen den Zugang zu Medizinalcannabis zu erleichtern. Das Eidgenössische Department des Innern muss nun bis im Sommer 2019 ei

Ein Leserartikel

Franziska Quadri, Cannabis-Patienten und Präsidentin des Medical Cannabis Verein Schweiz
Franziska Quadri, Cannabis-Patienten und Präsidentin des Medical Cannabis Verein Schweiz - Community
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Hoffnungen und Ängste einer Cannabis-Patientin zu dieser Ankündigung des Bundesrats.
  • Die Cannabis-Patientinnen und Patienten sind jetzt krank und brauchen sofort eine Lösung.

Was für eine freudige Überraschung! Einen Tag nach meinem 43. Geburtstag erfuhr ich aus den Medien, dass der Bundesrat den Patientinnen und Patienten den Zugang zu medizinischem Cannabis erleichtern möchte. Ehrlich gesagt, war ich fast ein bisschen geschockt. Ich kämpfe nun schon seit Jahren um mein Recht, Cannabis als Medikament zu verwenden und jetzt sollte das dann wirklich einfacher möglich sein? Was für ein tolles Geburtstagsgeschenk für eine chronische Schmerzpatientin!

Dass die medizinische Abgabe vereinfacht werden soll, sind gute Nachrichten. Wie würde aber eine solche Abgabe aussehen? Ich bin ein gebranntes Kind, da die momentane Situation mit der Sonderbewilligung des Bundesamt für Gesundheit überhaupt nicht funktioniert, habe ich sofort versucht im Internet zu recherchieren und herauszufinden, was das jetzt genau für mich als Cannabis-Patientin bedeuten wird. In meiner Funktion als Präsidentin des Medical Cannabis Verein Schweiz mache ich das aber nicht nur für mich sondern für alle Cannabis-Patientinnen und -Patienten. Der Fokus der Medien lag aber einmal mehr beim Freizeitkonsum und bei den Kiffern. Die erleichterte Freigabe für den medizinischen Bereich wurde nur kurz am Rande erwähnt. Einmal mehr wurde mir schmerzlich bewusst, dass sich nur wenige für die Patientinnen und Patienten interessieren.

Auf dem Portal der Schweizer Regierung steht geschrieben: Der Bundesrat möchte deshalb den Zugang zu Medizinalcannabis erleichtern. Er hat das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) damit beauftragt, die Gesetzgebung in diesem Sinne anzupassen. Dazu soll das Verbot, Medizinalcannabis in Verkehr zu bringen, aufgehoben werden. Das EDI erarbeitet bis im Sommer 2019 einen entsprechenden Vernehmlassungsentwurf. Zudem soll das BAG die Frage einer allfälligen Rückerstattung durch die Krankenversicherung prüfen.

Es freut mich natürlich sehr, dass so vom Bundesrat zu hören. Aber bei allem Respekt, es geht hier um schwerkranke Patientinnen und Patienten. Diese haben keine Zeit bis nächsten Sommer zu warten. Wir haben schon letztes Jahr auf die unmögliche Situation der Betroffenen aufmerksam gemacht. Uns ist natürlich klar, dass die politischen Mühlen in der Schweiz langsam mahlen, aber es geht nun mal um unsere Gesundheit und um Menschenleben. Bei der Lösungsfindung zum dringlichen Heroinproblem in den neunziger Jahren ging auch alles sehr schnell, das sollte doch für die medizinische Cannabis-Abgabe ebenfalls möglich sein. Und wenn sie so lange brauchen eine Lösung zu finden, sollten Sie uns vorübergehend den Eigenanbau erlauben. Und sprechen Sie mit uns, wir können Ihnen genau sagen, was die Patientinnen und Patienten brauchen. Wir arbeiten gerne mit. Wir sind nun mal die Experten, da wir seit Jahren selber herumexperimentieren müssen.

Natürlich kann ich und auch die anderen Patientinnen und Patienten, uns weiterhin illegal mit unserer Medizin eindecken. Es bleibt uns ja nichts anderes übrig. Ich mache das schon seit Jahren und habe mich wohl oder übel an die unmögliche Situation gewöhnt. Es ist aber jeden Tag eine starke psychische Belastung, nicht genau zu wissen, wie und woher ich mein Medikament bekomme. Und da ich selber vom Hals abwärts gelähmt und permanent auf Hilfe angewiesen bin, machen sich auch meine Helfer strafbar. Das ist doch nicht fair. Zudem muss ich für die Kosten meines Medikamentes selber aufkommen, obwohl ich dank Cannabis auf eine Implantation einer Schmerzpumpe verzichte.

Den Behörden ist diese Problematik bewusst. Das Bundesamt für Gesundheit schreibt auf seiner Seite: Cannabisarzneimittel können mehrere hundert Franken pro Monat kosten und werden von der Krankenkasse nicht vergütet. Aufgrund internationaler Studien ist anzunehmen, dass sich kranke Menschen in bestimmten Fällen selbst therapieren und sich das Cannabis auf illegalem Weg beschaffen. Die rechtliche Situation ist damit insgesamt unbefriedigend; die Gesetzgebung entspricht nicht mehr dem aktuellen Wissensstand sowie den Bedürfnissen kranker Menschen.

Wie gesagt, ich freue mich, dass endlich etwas geändert wird. Das jetzt aber erst nächsten Sommer ein Vernehmlassungsentwurf vorgelegt werden soll, lässt mich doch sehr konsterniert zurück. Oder habe ich da etwas falsch verstanden? Ich hoffe wenigstens, dass unsere Erfahrungen als Patientinnen und Patienten in der Findung einer sinnvollen, medizinischen Abgabe einfliessen werden. Wie man in unserem Nachbarland Deutschland sehen kann, sind auch nach der Änderung der Gesetzeslage immer noch grosse Probleme vorhanden. Die Preise der Cannabis-Medikamente haben sich erhöht, die Qualität der Medikamente ist zum Teil mangelhaft, es entstanden Lieferengpässe und in einigen Fällen zahlen die Krankenkassen die Kosten trotz Gesetzesvorlage nicht. Davon sollte man lernen und es in der Schweiz von Anfang an besser machen. Ich hoffe wirklich, dass die Schweiz die Chance endlich nutzt und medizinisches Cannabis einfacher erhältlich wird. Es ist doch heute eigentlich nicht mehr möglich, die vielen neuen Studien und Fakten über medizinisches Cannabis und die Erfahrungsberichte der Patientinnen und Patienten zu ignorieren. Das schreibt das Bundesamt für Gesundheit ja selber auf seiner Webseite.

Ich habe meine Therapie bewusst auf Cannabis umgestellt. Mir geht es heute besser ohne die starken Schmerzmittel und ich weiss genau, dass das was ich mache, das richtige für mich ist. Hoffen wir mal, dass die Schweiz nicht wie beim Frauenstimmrecht eines der letzten Länder sein wird, dass zur Vernunft kommt und Cannabis sinnvoll reguliert.

Machen auch Sie mit und werden Sie zur Stimme der Schweiz!
Machen auch Sie mit und werden Sie zur Stimme der Schweiz! - Nau.ch
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