Mit der Zuger Velonetz-Initiative soll die Situation für Velofahrende verbessert werden. Michel Kalauz vom Initiativ-Komitee bezieht im Interview Stellung.
Zug Velonetz-Initiative Abstimmung Interview
Im Kanton Zug wird am 9. Juni über die Velonetz-Initiative abgestimmt. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Am 9. Juni 2024 findet im Kanton Zug die Abstimmung zur Velonetz-Initiative statt.
  • Mit der Initiative soll im ganzen Kanton ein sicheres Velonetz geschaffen werden.
  • Michel Kalauz vom Initiativ-Komitee erläutert im Interview seine Argumente für ein Ja.
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Mit der Zuger Velonetz-Initiative soll für eine attraktive Veloinfrastruktur gesorgt und so das Velofahren gefördert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden acht Forderungen formuliert. Die Abstimmung findet am 9. Juni 2024 statt.

Das Anliegen wird vom Kantonsrat abgelehnt – die Initiative sei unnötig, da schon sieben der acht Forderungen erfüllt seien. Dieser Aussage widerspricht Michel Kalauz vom Initiativ-Komitee. Im Interview mit Nau.ch erklärt er, weshalb es die Velonetz-Initiative braucht.

Nau.ch: Wieso sollte die Zuger Bevölkerung «Ja» für die Velonetz-Initiative stimmen?

Michel Kalauz: Ganz einfach, es macht aus allen Perspektiven Sinn. Die Zustimmung für die Initiative bedeutet endlich Verbesserungen in der Gleichstellung der Mobilitätsformen. Heutzutage werden Strassen für den motorisierten Individualverkehr (MIV) geplant, der Fuss-, Velo- und öffentliche Verkehr werden herum arrangiert, obwohl Flächenverbrauch und Kosten für den MIV mit Abstand am höchsten sind.

Michel Kalauz Velonetz-Initiative Zug
Michel Kalauz ist im Initiativ-Komitee der Zuger Velonetz-Initiative tätig. - zVg

Leider entspricht diese Praktik der Herangehensweise im Kanton Zug. Dies war bei den glücklicherweise abgelehnten Tunnelprojekten für über 1,2 Milliarden Franken ersichtlich. Wir sprechen hier von einer Strassenlänge von unter vier Kilometern, die für diese horrende Summe hätte gebaut werden sollen. Wenn man bedenkt, dass für einen kleinsten Bruchteil des Betrags ein sehr gutes Velonetz möglich ist, muss man erkennen, dass unsere Einstellung eine starke Anpassung benötigt.

Sofern die Menschen im Kanton Zug «Ja» stimmen, wird das Velo in der zukünftigen Planung als Verkehrsmittel anerkannt und nicht mehr nur als reines Sportgerät betrachtet. Dies ist auch richtig so, weil ein Velonetz bedeutend kostengünstiger ist gegenüber einer Strasse für den MIV. Weil es am ressourcenschonendsten ist, bezogen auf die Fläche und die Natur. Und weil es sich positiv auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirkt.

«Durch die Annahme der Initiative entstehen keine wesentlichen Kosten»

Nau.ch: Welche Kosten sind bei einer Annahme für den Kanton zu erwarten?

Kalauz: Durch die Annahme der Initiative entstehen keine wesentlichen Kosten. Die Initiative ändert, dass wir den Verkehr nicht mehr nur aus der Perspektive des Autos betrachten.

Ich bin sogar überzeugt, dass durch die Initiative zukünftig Kosten gespart werden, und dies in grösserem Stil. Stellen Sie sich vor, das Velo wäre durch ein sicheres, direktes und schnelles Netz das komfortabelste Fortbewegungsmittel. Weshalb sollten Menschen, die das Auto nicht nutzen müssen, dann noch Auto fahren, um von A nach B zu kommen?

Zug Velonetz-Initiative Stau Strassen
Michel Kalauz ist überzeugt, dass durch die Velonetz-Initiative die Zuger Strassen entlastet würden. (Archivbild) - keystone

Dies würde unsere Strassen wirklich entlasten, diverse teure Bypässe, neue Tunnel und so weiter wären nicht mehr notwendig. Das Gewerbe und Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, würden ohne Verzögerungen durchkommen. Selbstverständlich kostet Veloinfrastruktur auch etwas, es ist aber ein Bruchteil davon, was es kosten wird, um die Erschliessung anders zu gewährleisten.

«Sichere getrennte Velowege führen dazu, dass es weniger kritische Situationen gibt»

Nau.ch: Führen die zusätzlichen und breiteren Velowege zu fehlendem Platz für die restlichen Verkehrsteilnehmenden? Würde dies wiederum für mehr Stau auf den Strassen sorgen?

Kalauz: Ich denke, dass genau das Gegenteil der Fall wäre. Sichere, getrennte Velowege führen dazu, dass es weniger kritische Situationen gibt zwischen Velos und MIV. Dies führt dazu, dass der Verkehr flüssiger wird.

Zug Velonetz-Initiative Velo-Infrastruktur
Getrennte Velowege sollen für mehr Sicherheit im Strassenverkehr sorgen. (Symbolbild) - keystone

Der hohe Motorisierungsgrad im Kanton Zug mit 731 Autos pro 1000 Einwohnenden ist gleichzeitig der Grund für den Bedarf von mehr Strassen, aber auch eine riesige Chance! Bringen wir durch ein schnelles, sicheres und komfortables Netz 4000 Menschen auf das Velo oder E-Bike, dann sind das 3000 Autos weniger auf der Strasse. Das Potenzial ist gerade im Kanton Zug immens.

In meinem Job als Prozessoptimierer bezeichnet man solche Möglichkeiten als «Low-hanging-Fruits», daher kümmern wir uns als Erstes um das direkt ablesbare Obst, bevor wir uns um die komplexeren Bereiche wie neue Tunnel und so weiter kümmern. Macht doch Sinn, oder?

«Kantons- und Regierungsrat zeigen leider zu oft, dass sie die Welt hinter Lenkrad und Windschutzscheibe sehen»

Nau.ch: Der Kantons- und Regierungsrat sind der Ansicht, dass bereits sieben der acht Anliegen der Initiative erfüllt sind, und bezeichnen sie daher als unnötig. Teilen Sie diese Einschätzung?

Kalauz: Überhaupt nicht! Wenn dem so wäre, hätten wir nicht wieder über Tunnel abgestimmt im letzten März. Der Kantons- und Regierungsrat zeigen leider zu oft, dass sie die Welt hinter Lenkrad und Windschutzscheibe sehen. Sie sollten mal aus dem Auto aussteigen und die Welt aus anderen Perspektiven betrachten.

Stadttunnel Zug Abstimmung Nein
Die beiden Tunnelprojekte wurden im März 2024 von der Zuger Bevölkerung abgelehnt. (Symbolbild) - keystone

Gut wäre es mal von einem Sattel aus. Wenn Sie sich als Beispiel eine Fahrt mit dem Velo von Cham oder Steinhausen nach Zug anschauen, kommen Sie schnell, relativ direkt und, bis auf wenige Ausnahmen, komfortabel bis Zugwest/Herti. Dann beginnt das Abenteuer.

Sie wollen zu den Veloabstellplätzen beim Bahnhof, im Gubelloch? Einerseits werden Sie für die letzten zehn Prozent der Strecke am längsten benötigen und anderseits ist es auch die gefährlichste Passage. Dazu kommt, dass die erwähnten Veloabstellplätze mit dem Fahrrad nicht zu erreichen sind, da Sie auf das Trottoir müssen.

Dies zeigt eine alltägliche Situation, die noch als «gute» Anbindung bezeichnet werden muss – im Vergleich zu anderen Strecken, wo es teilweise nicht einmal Velostreifen gibt. Sie sehen, die Anliegen der Initiative sind klar und deutlich nicht erfüllt! Deshalb kann es am 9. Juni 2024 nur ein Ja für die Initiative geben, wenn wir endlich mal etwas für alle Verkehrsteilnehmer erreichen wollen.

Muss das Zuger Velonetz ausgebaut werden?

Zur Person: Michel Kalauz (37) ist im Komitee der Zuger Velonetz-Initiative tätig. Er ist ausserdem Mitglied der Geschäftsleitung der SP Zug, arbeitet als Betriebsökonom und wohnt in Zug.

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