Die Mehrheit der Erwachsenen in Deutschland befürwortet verpflichtenden Onlineunterricht bei coronabedingten Schulschliessungen.
Homeschooling
Viele Kinder mussten ins Homeschooling während auch die ELtern von zu Hause aus arbeiten mussten. - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Erwachsene wünschen sich intensivere Betreuung von benachteiligten Kindern.

Laut dem am Dienstag vorgestellten Bildungsbarometer 2021 des Münchner ifo-Instituts sprachen sich 74 Prozent der Befragten dafür aus, Schulen bei einer Schliessung von mehr als einer Woche zum digitalen Unterricht zu verpflichten. Verpflichtende Fortbildungen zum Onlineunterricht für Lehrkräfte befürworteten sogar 81 Prozent.

Deutliche Mehrheiten der Befragten wünschten sich zudem eine intensivere Betreuung für benachteiligte Kinder, etwa für Schülerinnen und Schüler aus schwierigen sozialen Verhältnissen, Kinder von Alleinerziehenden oder mit Migrationsgeschichte. Die Zustimmung zur gezielten Unterstützung dieser Schülergruppen sei damit ähnlich hoch wie im Vorjahr, erklärte das Ifo.

Das allgemeine Meinungsbild zur Corona-Schulpolitik ist laut Bildungsbarometer gespalten, tendenziell aber eher negativ. Demnach benoteten 41 Prozent der Befragten die Politik in Bezug auf die Berücksichtigung der Bedürfnisse aller Schülerinnen und Schüler mit der Schulnote vier oder schlechter. Nur jeder Vierte vergab die Note eins oder zwei. Vor allem Eltern aus schwierigen sozialen Verhältnissen empfanden die Schulpolitik in der Krise demnach als nur ausreichend, mangelhaft oder ungenügend.

Gut drei Viertel der Deutschen begrüssten der Umfrage zufolge die Initiative des Bundes, eine Milliarde Euro für Nachhilfeprogramme bereitzustellen, um coronabedingte Lernrückstände auszugleichen. Für verpflichtenden Förderunterricht für alle Schulkinder, beispielsweise am Nachmittag, sprachen sich 53 Prozent aus. Zusätzliche Förderkurse nur für leistungsschwächere oder aus schwierigen Verhältnissen stammende Kinder befürworteten 68 beziehungsweise 66 Prozent der Befragten.

77 Prozent der erwachsenen Deutschen wünschten sich, Computer und Tablets auch nach der Pandemie weiter in den Unterricht zu integrieren. Ähnlich gross sei die Zustimmung zu digitalen Lernplattformen oder Onlinesprechstunden zwischen Eltern und Lehrkräften. Mit 13 bis 16 Prozent lehnte nur eine Minderheit der Befragten ab, die digitalen Formate auch künftig weiter einzusetzen.

Das ifo-Bildungsbarometer ist eine repräsentative Meinungsumfrage unter erwachsenen Deutschen zu bildungspolitischen Themen. Für die seit 2014 jährlich erhobene Untersuchung wurden im Mai und Juni dieses Jahres mehr als 4000 Menschen im Alter von 18 bis 69 Jahren befragt.

Die ifo-Ergebnisse offenbarten «einmal mehr die dramatischen Versäumnisse» der Politik vor und während der Pandemie, kritisierte der Verband Bildung und Erziehung (VBE). Das, was die Mehrheit der deutschen Bevölkerung hinsichtlich besonderer Förderangebote oder Onlineangeboten erwarte, «wünschen sich die Lehrerinnen und Lehrer seit Langem», erklärte der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann. «Die Voraussetzungen dafür zu schaffen, ist Aufgabe der Politik.»

Die Untersuchung zeige «mehr als deutlich, dass die Rückkehr zu einer vollständig analogen Schule keine Option mehr ist», erklärte Margit Stumpp, die bildungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen. Eine moderne Schule, die junge Menschen auf die Welt von morgen vorbereiten müsse, dürfe sich der Digitalisierung nicht mehr verschliessen.

Der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Thomas Sattelberger, bezeichnete Deutschlands Bildungssystem als «krisenschwach». Dass etwa ein Drittel aller Schülerinnen und Schüler in der Pandemie gesundheitliche und psychosoziale Schäden erlitten habe, sei ein «Armutszeugnis für unser Land».

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