Neue Rüstungslieferungen an Saudi-Arabien stossen auf Kritik
Das Wichtigste in Kürze
- Bundesregierung genehmigt auch Exporte in weitere Golfstaaten.
«Der Bundesregierung kann es offensichtlich nicht schnell genug gehen mit der Rüstungsproduktion für die Jemen-Kriegsallianz», sagte Linken-Fraktionsvize Sevim Dagdelen am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Der Bundessicherheitsrat hatte zuvor die Lieferung militärisch nutzbarer Fahrzeugtechnik an Saudi-Arabien sowie weitere Rüstungsexporte in andere Golfstaaten genehmigt.
Nach einer Aufstellung für den Wirtschaftsausschuss des Bundestags, die AFP vorliegt, geht es um die Lieferung von «Technologie für Satteltiefladerfertigung» über Frankreich an Saudi-Arabien. Dabei handelt es sich um sogenannte «Dual-Use-Güter», die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke eingesetzt werden können, zum Beispiel für den Transport von Panzern.
Weitere Exportgenehmigungen betreffen demnach die Lieferung von Gefechtsköpfen für Lenkflugkörpersysteme über die USA an Katar, die Lieferung von Dingo-Radpanzern ebenfalls an Katar und von Artillerie-Ortungssystemen des Typs Cobra aus deutsch-französischer Gemeinschaftsproduktion sowie Ersatzteilen und Software-Upgrades dafür an die Vereinigen Arabischen Emirate. Angaben zum Auftragsvolumen enthält die Aufstellung nicht.
Die Bundesregierung wollte sich zu dem Vorgang offiziell nicht äussern. Regierungssprecher Steffen Seibert und eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums verwiesen in Berlin darauf, dass der Bundessicherheitsrat geheim tage. Alle Entscheidungen entsprächen aber den Vereinbarungen zwischen Union und SPD, sagte die Sprecherin von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).
Dagdelen sagte zu den vom Bundessicherheitsrat erteilten Genehmigungen für Lieferungen an Staaten, die am Jemen-Krieg direkt beteiligt sind: «Dies ist vor dem Hintergrund der jüngsten Angriffe auf jemenitische Schüler einfach zynisch.»
«Deutsche und europäische Rüstungsgüter haben in Kriegen und in den Händen von Diktatoren nichts verloren», erklärte der auch der Grünen-Spitzenkandidat für die Europawahlen, Sven Giegold. Er forderte in Berlin ein europäisches Aufsichtsgremium für Rüstungsexporte. Die Grünen-Abrüstungsexpertin Katja Keul kritisierte die Lieferungen als «unverantwortlich und nicht im Sinne des gemeinsamen europäischen Sicherheitsinteresses».
Auf Distanz ging auch SPD-Vize Ralf Stegner. «Rüstungsexporte in Krisengebiete und Diktaturen lehnen wir ab. Für Saudi-Arabien ist damit alles gesagt», verwies er in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND - Samstagsausgaben) auf das Europawahlprogramm der Sozialdemokraten. Allerdings waren mehrere SPD-Minister an der Entscheidung im Bundessicherheitsrat beteiligt.
Union und SPD hatten sich nach längerem Ringen Ende März darauf verständigt, den Exportstopp für eigene Rüstungslieferungen an Saudi-Arabien um sechs Monate bis Ende September zu verlängern. Für Gemeinschaftsprojekte mit anderen Staaten gilt seither eine andere Regelung. Hier soll sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass solche Güter nicht im Jemen-Krieg zum Einsatz kommen. Auch sollen bis Ende Dezember keine «endmontierten Rüstungsgüter» aus Gemeinschaftsprogrammen an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate ausgeliefert werden.
Im Jemen herrscht seit Jahren Krieg zwischen den von Saudi-Arabien und anderen arabischen Staaten unterstützten Truppen von Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi und schiitischen Huthi-Rebellen, hinter denen der Iran steht. Nach UN-Angaben wurden in dem Konflikt bereits mehr als 10.000 Menschen getötet, unter ihnen tausende Zivilisten.