Die «Ehe für alle» ist zwar nur zivilrechtlich relevant, spaltet aber Schweizer Christen. Besonders Katholiken: Die Bischöfe und Frauenbund sind sich uneinig.
Ehe für alle Katholiken
Die Ehe für alle vertieft den Graben zwischen der konservativen und der liberalen katholischen Kirche. Die Bischofskonferenz lehnt die zivilgesetzliche Anpassung ab, der katholische Frauenbund setzt sich für ein Ja ein. Im Bild: Joseph M. Bonnemain, Bischof von Chur, und Marlies Dellagiacoma, Priesterin. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Am 26. September stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über die «Ehe für alle» ab.
  • Die katholische Kirche ist bei dieser Frage besonders tief gespalten.
  • Der Frauenbund stimmt Ja, die Bischöfe Nein. Nau.ch beleuchtet die Meinungsdifferenz.

Gesellschaftspolitisch war und ist die Schweiz eher konservativ unterwegs, insbesondere verglichen mit anderen europäischen Ländern. Mit der «Ehe für alle» soll ein liberalisierender Ruck durch die Eidgenossenschaft gehen.

Kirche Ehe für alle
Ein SPD-Politiker und sein Mann verlassen die Kircge Sankt Jacobi in Hamburg, Oktober 2017. In Deutschland ist die Ehe für alle schon Realität, erste Kirchen trauen auch schon gleichgeschlechtliche Paare. - Keystone

Doch einige wollen aus religiösen oder ethischen Gründen nicht mitmachen – insbesondere Teile der christlichen Gemeinschaft. Innerhalb der katholischen Kirchen beispielsweise leistet die Bischofskonferenz Widerstand und gibt eine Nein-Empfehlung ab. Der katholische Frauenbund hingegen wirbt für ein Ja.

Woher rührt dieser Unterschied? Ist es eine Frage des Geschlechts? Untersuchungen zeigen, dass Schweizer Frauen im Allgemeinen eher linksliberaler abstimmen als Männer.

Liberalisierung der Kirche «kein weibliches Partikularinteresse»

Der Frauenbund sieht es so: «Die Differenz rührt meines Erachtens nicht aus der Unterscheidung katholischer Mann versus katholische Frau», sagt Sarah Paciarelli, Verantwortliche für Kommunikation. «Der Wunsch nach Erneuerung der katholischen Kirche ist kein weibliches Partikularinteresse.»

SKF
Sarah Paciarelli ist Kommunikationsbeauftragte beim Schweizerischen Katholischen Frauenbund. - SKF

Schliesslich würden nicht nur Frauen von der katholischen Kirche ausgegrenzt, sondern «auch homosexuelle Menschen, Geschiedene und nicht-geweihte Männer».

Der Frauenbund sei überdies eine Reform-orientierte Gruppierung – «eine von vielen», unterstreicht Paciarelli. «Als christliche Organisation glauben wir, dass vor Gott alle Menschen gleich sind. Unser Ja zur zivilen ‹Ehe für alle› ist demnach ein Ausdruck unserer Überzeugungen und entspricht unserer Vorstellung von einer gerechten Welt.»

Bischöfe wollen aufgrund der Samenspende keine «Ehe für alle»

Die Bischofskonferenz (SBK) will sich auf Anfrage nicht zum Meinungsunterschied zwischen ihr und dem Frauenbund äussern. Dr. Stève Bobillier, wissenschaftlicher Mitarbeiter für Bioethik bei der SBK, erklärt aber, wie es zum Nein der Bischöfe gekommen ist: «Man muss wissen, dass die SBK von der Bioethikkommission und der Kommission für Justiz und Frieden beraten wurde.» Beide Kommissionen bestünden aus etwa je fünfzehn Experten, so Bobillier.

SBK Bioethik
Stève Bobillier ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Bioethik-Kommission Schweizer Bischofskonferenz. - SBK

Die Bischöfe würden also gerne die «Ehe für alle» vorwiegend aufgrund der Fortpflanzungsmedizin abgelehnt sehen. Denn wenn lesbische Paare Zugang zur Samenspende erhielten, dann würden schwule Paare «diskriminiert», sagt der Doktor in Philosophie.

Und das Pendant zur Samenspende für schwule Männer sei die Leihmutterschaft, die aber in der Schweiz streng verboten ist. Was auch gut sei, denn die Bischofskonferenz lehnt das Konzept der Leihmutterschaft dezidiert ab. Es sei in den Augen der SBK «eine Vermarktung des Kindes und des Frauenkörpers», so Bobillier.

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