Roger Nordmann ist Welscher und will trotzdem Bundesrat werden. Ist er Perfektionist, unter Strom oder ein heimlicher Deutschschweizer? Ein Kommentar.
Nationalrat Roger Nordmann (SP/VD) will nicht zugeben, dass er ein sprachlich non-binärer Deutschschweizer ist. - Nau.ch
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Waadtländer Roger Nordmann kandidiert für den Bundesrat.
  • Er darf das – auch wenn eigentlich eher Deutschschweizer gesucht waren.
  • Er beweist: Diesbezüglich kann er locker mithalten. Ein Kommentar.

Es ist ja nicht so, dass er nicht auch anders könnte: SP-Nationalrat Roger Nordmann kann auch aufbrausend sein oder den Romand raushängen lassen. Aber schliesslich kandidiert er jetzt für den Bundesrat, obwohl eigentlich Deutschschweizer gesucht werden, und lässt darum seine anderen Talente aufblitzen. Als zuvorkommendes Organisationstalent, als, wie er sagt, «gesamtschweizerischer Romand». Einer für alle, statt nur für Waadtländer.

Der Weg nach ganz oben

Jawoll, Organisationstalent. Man würde es auf den ersten Blick nicht vermuten, dass Nordmann Details wichtig sind. Als er PUK-Präsident werden wollte, war in der Wandelhalle drei Tage lang der Running Gag: «Der Nordmann war sogar extra beim Coiffeur», denn meistens sieht er frisurtechnisch beratungsresistent aus.

Jon Pult Roger Nordmann
Die SP-Nationalräte Jon Pult (links und Mitte im Spiegel) und Roger Nordmann diskutieren am Freitag, 5. Mai 2023 in Bern. - keystone

Aber für die Ankündigung seiner Kandidatur als Nachfolger von Alain Berset soll alles stimmen. Ins Casino Bern, Salon Rose, wird die Journalistenschar herbestellt. Schon vor dem Casino, wo um diese Zeit noch alles ruhig ist, wird man mit einer Hinweistafel begrüsst: Hier geht es zur «Pressekonferenz Roger Nordmann».

Ein halbes Dutzend weiterer Tafeln zeigen den Weg: quer durch die Eingangshalle, die richtigen Treppen hinauf, links und grad wieder rechts.

Roger Nordmann Wegweiser Casino
Vor dem Casino Bern werden Eintreffende begrüsst und auf den richtigen Weg gebracht zur Medienkonferenz von Roger Nordmann über seine Bundesrats-Kandidatur.
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Immer geradeaus: Hier lang zu Roger Nordmann.
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Zugegeben: Dieses Schild ist nicht sehr Nordmann-spezifisch und steht wahrscheinlich jeden Tag da. Aber schadet ja nichts.
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Hier lang für steile Karrieren: Jetzt muss man auch noch Treppen steigen.
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Geschafft, aber zu früh gefreut: Wer hoch hinaus will, muss noch eine weitere Treppe erklimmen.
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Kurz vor dem Ziel "Salon Rose" wird man auch noch um die Ecke gebracht.

Kandidat Nordmann begrüsst alle persönlich, die meisten namentlich, weist auf das bereitgestellte Mineralwasser mit und ohne Gas hin. «Es hat auch eine Kaffeemaschine, willst Du einen Kaffee

Worauf sich der Angesprochene zögernd zu einem Ja durchringt und vom Chef persönlich bedient wird: «Gut, also, ‹forte› oder ‹intenso›?». Was für eine Frage.

Ruckzuck statt «Toujours rigole, jamais travaille»

Die Medienkonferenz beginnt, der Redetext liegt auf, vier Seiten A4, Schriftgrösse sicher kleiner als 12. Wird das ewig dauern, und dann noch mindestens in zwei Sprachen, Doppelspurigkeiten à gogo? Völlig unbegründete Ängste, nach zehn Minuten hat Roger Nordmann alles gesagt, was er sagen wollte. Noch Fragen?

Wer soll Nachfolger von Alain Berset im Bundesrat werden?

Oh ja: Ist er eigentlich überhaupt ein Romand oder ein verkappter Deutschschweizer, oder sprachlich ein Non-Binärer, der heute sein Coming out hat? Nein, Schweizerdeutsch hat er halt per Exgüsee im Vorbeiweg gelernt.

Ja, gelernt: Mitten im Satz korrigiert er den Fehler, den auch echte Deutschschweizer oft machen. Weil es je nach Dialekt halt «lehrt» statt «lernt» heisst. Ein Perfektionist?

SP-Nationalrat Roger Nordmann erklärt, warum er den «Salon Rose» gemietet hat: Wegen Konkurrent Jon Pult. - Nau.ch

Es scheint so. Denn, gefragt, warum er, als Sozi, ausgerechnet im Casino einen Raum bucht, mit viel Gold und Kristall, statt – gratis – im Bundeshaus oder wenigstens im Hotel Bern, dem ehemaligen Volkshaus, wie es sich für einen Linken gehört, sagt er nicht etwa: Es war nichts anderes frei. Sondern: «Erstens wollte ich nicht am genau gleichen Ort sein wie Jon Pult vor zwei Tagen. Und: Ich mag lieber einen hellen Saal, das finde ich symbolisch besser.»

Auch wenn es dazu ein halbes Dutzend Wegweiser braucht, um dem geneigten Journalisten auf die Sprünge zu helfen. Keine halben Sachen, kein Entweder-oder, sondern «forte» UND «intenso».

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