Yevgenia Belorusets erzählt merkwürdige Geschichten
Vor dem Hintergrund des russischen Überfalls auf die Krim 2014 schrieb die ukrainische Autorin Yevgenia Belorusets bis zum Februar 2022 sonderbare Texte.

2014 hat Russland die Halbinsel Krim überfallen und weite Gebiete im ostukrainischen Donbass besetzt. Vor dem Hintergrund dieser Gewalt schrieb Yevgenia Belorusets bis im Februar 2022 eine Reihe von sonderbaren Texten, die auf Deutsch im Band «Das modernen Leben der Tiere» versammelt sind.
In Form von Referaten, Erörterungen oder Berichten unterhöhlt sie die Sprache des Krieges mit märchenhafter Fantasie, die ins Unergründliche driftet. Die Menschen leben in Symbiose mit mal allzu menschlichen, mal seltsam eigensinnigen Tieren: Raben, Hunden, Tauben, Pferde.
In ihnen glaubt ein Priestergehilfe sogar einen Ausweg aus der Not zu erkennen, denn alles, was er sagt «klingt entweder lächerlich oder plump oder sinnlos. Also gehe ich zur Lautsprache über, versuche zu singen, zu brüllen, zu jaulen ...»
Nüchterne Präzision im Angesicht der Gewalt
Die Autorin dagegen bleibt nüchtern präzise und verständlich, auch wenn im Angesicht der «Tödin», die umgeht, die schwelende Gewalt und Angst stets gegenwärtig bleiben. Nur die Liebe, die einzig widersteht, «ist jetzt nichts wert».
Belorusets hat in den Jahren seither bei Besuchen die Gewalt und Not im Donbass selbst beobachtet. Dieser Hintergrund durchwirkt ihre Texte und verleiht ihnen einen rätselhaften, dunklen Kern. In ihrer Absurdität spiegeln sie die realen Verhältnisse. Die Tiere aber bewahren eine naive, unschuldige, vielleicht prophetische Hoffnung.*
*Dieser Text von Beat Mazenauer, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung.