Beim Filmfest Cannes hat Rassulofs neuer Film gute Chancen auf eine Auszeichnung am Samstagabend. Vor der Preisverleihung gibt er Einblicke in seine Flucht.
Filmfestival in Cannes - The Seed of the Sacred Fig
Mohammed Rassulof stellt mit seiner Tochter Baran Rassulof seinen Film «The Seed of the Sacred Fig» in Cannes vor. Scott A Garfitt/Invision/AP/dpa - dpa

Der iranische Regisseur Mohammed Rassulof hat Einblicke in seine kürzliche Flucht nach Deutschland gegeben. Es sei keine leichte Entscheidung gewesen, sein Heimatland zu verlassen, sagte er am Samstag in Cannes. «Es ist immer noch nicht leicht, selbst wenn ich heute mit Ihnen darüber spreche.» Sein Exil bezeichnete er als vorübergehend – und drückte seine Hoffnung auf eine Veränderung der politischen Lage im Iran aus.

Der 1972 geborene Rassulof, der in seinem Heimatland kürzlich zu acht Jahren Haft und Peitschenhieben verurteilt wurde, habe nur wenige Stunden Zeit gehabt, sich für das Exil zu entscheiden. «Ich musste mich fragen: Was will ich – im Gefängnis sein? Oder sollte ich den Iran verlassen, den geografischen Iran, und mich dem kulturellen Iran anschliessen, der jenseits seiner Grenzen existiert? Und ich habe mich für die zweite Möglichkeit entschieden.»

Rassulof schilderte, er habe die Grenze auf dem Landweg überquert und sei letztlich mit verschiedener Unterstützung in Deutschland angekommen. Dort lebt seine Tochter Baran.

Gute Chancen auf eine Auszeichnung

Bei den Filmfestspielen läuft sein neuer Film «The Seed of the Sacred Fig» im Wettbewerb. Mit seinem aufwühlenden Porträt einer iranischen Familie während der Proteste 2022 hat er gute Chancen auf eine Auszeichnung am Samstagabend.

Ein Grossteil des Films, der heimlich entstand, ist in Innenräumen gefilmt. Immer wieder sieht man Videos aus den Sozialen Netzwerken, die die Ausschreitungen und behördliche Gewalt bei den Protesten zeigen. «Die Geschichte ist sehr nah an der Realität», sagte Rassulof. Die Idee sei ihm im Gefängnis gekommen.

Er sei zusammen mit seinem Kollegen, dem Filmemacher Jafar Panahi, inhaftiert gewesen. Ein Vertreter der iranischen Behörden habe ihm im Gefängnis einen Stift geschenkt und ihm anschliessend seine Verzweiflung über die Rechtslage im Land geschildert. Einem Protagonisten in Rassulofs Film, der als Ermittler beim Islamischen Revolutionsgericht arbeitet, gibt die Skrupellosigkeit seiner Vorgesetzten ebenfalls zu denken.

Islamische Republik Iran sei «zu allem fähig»

«Meine einzige Botschaft an das iranische Kino lautet: Habt keine Angst vor Einschüchterung und Zensur im Iran», sagte Rassulof. «Sie haben Angst – sie haben Angst und sie wollen, dass wir Angst haben.» Die Islamische Republik Iran sei «zu allem fähig. Sie hat immer versucht, eine Terrorherrschaft zu errichten, über die Medien, sogar über physischen Terror

Seine Ziele für die Zukunft formulierte Rassulof so: «Ich möchte die Geschichten erzählen, die ich noch in mir trage. Geschichten über mein Volk.»

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

TerrorGewaltHaftKinoAngst