Mit der Performance «The Journey» führen der Autor Lukas Bärfuss und die Violinistin Gwendolyn Masin auf eine künsterische Reise von Budapest bis Istanbul.
Der Autor Lukas Bärfuss spannt für «The Journey» mit der Violinistin Gwendolyn Masin zusammen.
Der Autor Lukas Bärfuss spannt für «The Journey» mit der Violinistin Gwendolyn Masin zusammen. - sda - Gare du Nord/Florian Spring

Es ist ein lange geplantes Projekt, das durch die Kriege und Krisen viel Brisanz erhielt, wie Bärfuss sagt.

«The Journey» will mit Texten und Musik Geschichten von Menschen in der Migration, in Kriegen und Konfliktsituationen erzählen, wie es in der Beschreibung des Projekts heisst.

Es ist angesichts der aufflammenden Krisen und Kriege keine einfache Aufgabe, der sich Lukas Bärfuss und Gwendolyn Masin zusammen mit den Musikerinnen und Musikern des Origin-Ensemble stellen.

«Die Weltlage führt uns eine Gemengelage vor Augen, die unser Projekt einem hohen Aktualitätsdruck aussetzt», sagt Bärfuss im Gespräch mit Keystone-SDA. Als das Projekt in den Startlöchern stand, sei Corona hereingebrochen. Und als er zusammen mit Masin die Arbeit am Projekt erneut aufnahm, habe der Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine am 24. Februar 2022 alles erneut in Frage gestellt.

Und nun sei nach dem Terrorakt der Hamas in Israel erneut alles mehr oder weniger aus den Fugen. «Wir wissen alle nicht, was am Mittwoch, wenn wir unser Projekt uraufführen werden, sein wird», so Bärfuss.

Aber es sei das Privileg der Kunst, dass sie die Instrumente habe, auf solche Situationen zu reagieren. «Unsere Reise ist nicht abgeschlossen. Nichts ist vollständig, alles ist in einer Entwicklung», sagt er. Musik und Literatur seine offenen Prozesse. «Dazu möchten wir einladen.»

Persönliche Perspektiven auf Migration

Und an der Metaebene des Projekts, der Migration der Menschen, ändere sich nichts. «Es ist eine Konstante der Geschichte, dass Menschen migrieren, dass sie unterwegs sind – aus ganz unterschiedlichen Gründen, freiwillig und unfreiwillig», sagt Bärfuss.

Der zumeist in Zürich lebende Thuner Autor und Dramatiker Bärfuss sieht sich selber als Nomade. «Ich bin nie richtig sesshaft geworden», sagt er, «physisch nicht und auch mental nicht.» In seiner Jugend habe er lange Zeit ohne festen Wohnsitz gelebt.

Und auch seine musikalische Bühnenpartnerin Gwendolyn Masin habe ihre persönliche Migrationsgeschichte, die sie aus unterschiedlichen Gründen von Ungarn nach Holland und über Irland nach Südafrika und dann in die Schweiz geführt und getrieben habe.

Lukas Bärfuss
Lukas Bärfuss gilt als einer der renommiertesten Autoren nicht nur in der Schweiz, sondern im deutschsprachigen Raum. 2022 wurde er mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. Nun übergibt der 51-Jährige sein Archiv frühzeitig ans Schweizerische Literaturarchiv. (Archivbild) - keystone

«Migration ist für uns beide ein intimes Thema», sagt Bärfuss. Die eigenen Erfahrungen könnten eine Nähe schaffen. «Ich werde mir aber niemals die Erfahrung von Flüchtlingen aus der Ukraine aneignen, ich kann nur aus meiner eigenen Erfahrung berichten, wiedergeben was ich gelesen und was mich geprägt hat, was ich in Minsk, Odessa, Istanbul und Sarajevo in Gesprächen aufgenommen habe.»

In diesen Gesprächen habe er Geschichten gehört von Menschen, die ihre Heimat hätten verlassen müssen, von den Grenzen, die sie hätten überwinden müssen, vom Elend, aber auch vom Glück, das sie auf ihren Reisen angetroffen hätten.

«Es geht um die abwehrende Haltung der bürgerlichen, sesshaften Gesellschaft gegenüber den Migranten, den Fahrenden, den Flüchtenden», so Bärfuss. Menschen würden nie akzeptieren, dass sie ohne Chance sind. «Sie werden immer das Risiko eingehen, auf die Reise zu gehen, um anderswo ein neues Leben zu beginnen.»

Erwartungen und Hoffnungen für die Uraufführung

Sich selber sieht sich Bärfuss in der Rolle des Rhapsoden, des wandernden Geschichtenerzählers. Bei «The Journey» kommt nun die Musik dazu mit einer Uraufführung eines Werks des Lausanner Komponisten Antoine Auberson, weiteren zeitgenössischen Werken von Daniel Schnyder oder Oleg Ponomarev, aber auch ältere Kompositionen von Béla Bartók. Die Violinistin Gwendolyn Masin wird dabei begleitet vom Origin-Ensemble und dem Zimbalisten Milkós Lukács.

Für Bärfuss ist das direkte Zusammenspiel mit der Musik Neuland. «Es ist überwältigend, wie die Kraft der Musik einen mitträgt», sagt er. Mit diesen Weltklasse-Musikerinnen und -Musikern zusammenzuarbeiten, sei ein Geschenk und eine Aufgabe. «Ich hoffe, dass ich in meiner Rolle auf der Bühne nicht zu sehr abfallen werde», so Bärfuss.

«The Journey» wird am Mittwoch in der Gare du Nord in Basel uraufgeführt und dann im Laufe des Novembers nach Thun, Bern, Zürich, Baden und Schaan in Liechtenstein weiterreisen.

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