Das Jüdische Museum Berlin ist ein Publikumsmagnet. Aufsehen erregt es zuletzt aber nicht wegen seiner Ausstellungen. Einer zog nun die Konsequenzen.
Der Direktor des Jüdischen Museums Berlin, Peter Schäfer vor dem Daniel Libeskind Bau des Museums in Berlin (2014). Foto: Wolfgang Kumm
Der Direktor des Jüdischen Museums Berlin, Peter Schäfer vor dem Daniel Libeskind Bau des Museums in Berlin (2014). Foto: Wolfgang Kumm - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Rund ein Jahr vor der geplanten Eröffnung seiner neuen Dauerausstellung braucht das Jüdische Museum Berlin einen neuen Direktor.

Nach dem Rücktritt des bisherigen Leiters Peter Schäfer (75) wird nun ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gesucht, wie Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) ankündigte.

Schäfer war am Freitag nach heftigen Kontroversen von seinem Amt zurückgetreten.

Bis ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gefunden sei, übernehme der Geschäftsführende Direktor Martin Michaelis die Leitung. Am 20. Juni werde Grütters eine Sondersitzung der Museumsstiftung einberufen, teilte das Museum am Freitag mit. Eine Kommission soll einen neuen Direktor finden. Anfang Mai war Schäfers Vertrag um ein Jahr verlängert worden - er hätte im August 2020 aufhören sollen.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüsste die Entscheidung Schäfers. «Es ist ein wichtiger Schritt, um weiteren Schaden von der Institution abzuwenden», teilte der Zentralrat über Twitter mit. Die Mit-Initiatorin des Berliner Holocaust-Mahnmals, Lea Rosh, sprach sich im «Tagesspiegel» (Sonntag) dafür aus, dass der Nachfolger oder die Nachfolgerin ein Jude oder Jüdin sein müsse.

Auslöser für den Rücktritt des emeritierten Judaistik-Professors Schäfer war ein Tweet des Museums mit einer Leseempfehlung zur israelkritischen Bewegung BDS (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen). Darin hatten jüdische und israelische Wissenschaftler kritisiert, dass der Bundestag BDS als antisemitisch eingestuft hatte. Die BDS-Kampagne fordert ein Ende der israelischen Besatzung des Westjordanlandes, des Gazastreifens und Ost-Jerusalems, die Israel 1967 erobert hat und ruft dazu auf, keine israelischen Waren zu kaufen.

Der Zentralrat hatte den Tweet scharf kritisiert. «Das Mass ist voll. Das Jüdische Museum Berlin scheint gänzlich ausser Kontrolle geraten zu sein.» Das Museum hatte erklärt, man habe nur auf einen Diskussionsbeitrag hingewiesen.

Um das Haus hatte es in den vergangenen Monaten weitere Turbulenzen gegeben. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gefordert, eine Ausstellung über die Stadt Jerusalem zu schliessen. Die Sonderschau «Welcome to Jerusalem», die bis Ende April zu sehen war, präsentiere eine einseitige, «palästinensisch-muslimische Sicht» auf die Stadt. Schäfer und Grütters hatten die Vorwürfe als politische Einmischung zurückgewiesen.

Die neue Dauerausstellung im Bau des Architekten Daniel Libeskind soll zusammen mit einem Kindermuseum im Mai 2020 eröffnen. Das Jüdische Museum ist eines der grössten seiner Art in Europa. Pro Jahr kommen 650.000 Besucher. Die erste Ausstellung hatten seit der Eröffnung 2001 rund 11,4 Millionen Menschen gesehen.

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