Hamburger Kult-Humorist inspiriert Rocko Schamoni
Mit «Grosse Freiheit» und «Dorfpunks» hat sich Rocko Schamoni in die Herzen vieler Leser geschrieben. In seinem neuen Buch konzentriert er sich auf einen eher unbekannten Hamburger Kult-Humoristen, der Vorbild für viele beliebte Komiker war.

Das Wichtigste in Kürze
- Heino Jaeger.
Nicht vielen Menschen dürfte der Name ein Begriff sein. In den 1970er Jahren war der Mann ein gnadenloser, schwer nachvollziehbarer Humorist, der sich durch Stegreif-Witze und einen realistisch-beissenden Blick auf die deutschen Eigenheiten auszeichnete.
Dafür wurde er entweder verehrt, ignoriert oder gehasst. Und doch war und ist der Mann mit dem selbstmörderischen Desperado-Humor Kult bei Komikkennern. Komiker Olli «Dittsche» Dittrich bezeichnete Jaeger etwa als «ein grosses, bedeutendes Stück deutscher Kulturgeschichte, an dem dieses Land mit Bravour vorbeigegangen ist». Ohne Jaeger hätte es Dittsche wohl nicht gegeben, so Dittrich.
Mit «Der Jaeger und sein Meister» hat der Hamburger Autor Rocko Schamoni hat dem 1997 gestorbenen Maler, Sprachkünstler und Satiriker nun ein Buch gewidmet. Auch für ihn war Jaeger ein Vorbild, «ein Nachtvater», wie er selbst sagt. Er liess sich von ihm inspirieren - fürs Leben und für die Bühne. Diese Leidenschaft mündet nun in einem Buch, das die Karrierestationen Jaegers nachzeichnet und dabei tief in die damalige Hamburger Nachtclub-Szene auf der Reeperbahn eintaucht.
Das Buch dürfte vor allem für Kenner, Komik-Interessierte und Menschen aus und um Hamburg spannend sein. Und für alle, die der alte Hamburger Kiez in all seiner Schönheit fasziniert. Immerhin lässt Schamoni viel historischen Hintergrund aus der wilden Reeperbahn-Zeit der 70er Jahre einfliessen.
Ohne diesen Kontext wirkt Jagers Geschichte teils zu belanglos. Mit dem Kontext ist es dagegen ein Eintauchen in eine wilde, dreckige, verruchte Zeit ohne Grenzen. «Der Jaeger und sein Meister» ist als Fortsetzung angelegt. Sie ist der zweite Teil von Schamonis Trilogie über «Kiez-Freaks». Teil eins - der Vorgänger «Grosse Freiheit» über Wolfgang «Wolli Indienfahrer» Köhler aus dem Rotlichtmilieu - kam ja bekanntermassen gut an.
Weit über Hamburg hinaus löst die Szene Faszination aus. Man denke neben Schamonis letztem Buch, das ein Bestseller wurde, auch an Schamonis Kumpanen Heinz Strunk. Dessen preisgekrönter Roman «Der Goldene Handschuh» über den Hamburger Serienmörder Fritz Honka wurde bereits von Fatih Akin verfilmt, mit seinem neuen Bestseller «Es ist immer so schön mit dir» steht er nun auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis.
In Schamonis neuem Buch wird nun das Leben des ungewöhnlichen Eigenbrötlers Heino Jaeger auf Basis von Gesprächen mit dem Volkskundler Joska Pintschovius erzählt, dem engen Freund Jaegers. Basierend auf der Erinnerung des Freundes wird das teils triste und wenig nachvollziehbare Leben des Sonderlings erzählt.
Schamonis Anliegen ist, die Geschichte des weitgehend unbekannten Mannes, der viel Einfluss auf die Szene hatte, zu erzählen, wie er der «Zeit-Elbvertiefung» sagte. Es gehe nicht darum, Jaeger nachträglich mehr Ruhm und Ehre angedeihen zu lassen. «Ich finde es falsch, Jaeger posthum zum Star zu machen, das hätte er nicht gewollt», sagte Schamoni. «Er war total widerständig gegen Erfolg. Jede Form von Funktionalisiertwerden hat ihn abgestossen. Aber wir sind ihm ein wenig Aufmerksamkeit und Respekt schuldig.»