Patrícia Melo taucht in ihrem neuen Roman tief ins Elend einer brasilianischen Grossstadt.
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Ein Buch. (Symbolbild) - Keystone

In ihrem neuen Roman «Die Stadt der Anderen» taucht die brasilianisch-schweizerische Autorin Patrícia Melo tief in das Elendsviertel einer brasilianischen Grossstadt. Melo erzählt von Menschen, die der Brutalität der Strasse ihre verschworene Gemeinschaft entgegensetzen.

Sie waren einmal Verkäufer, Reinigungskraft, Schriftsteller oder Hausangestellte: Die meisten Menschen, die obdachlos in den Strassen von São Paulo hausen, hatten früher ein sogenannt normales Leben. Nun schlagen sie sich mit Gelegenheitsjobs oder Diebstählen durch und sammeln Abfall. Während sie auf der Praça da Matriz einen trockenen Schlafplatz aus Kartons basteln, träumen sie von diesem normalen Leben, von Essen und sauberen Kleidern.

Im Roman «Die Stadt der Anderen» der brasilianischen Schriftstellerin Patrícia Melo sind es unter anderem Chilves, Jéssica, Farol Baixo und Iraquitan, die diese Welt, in der es täglich ums Überleben geht, ins beheizte Zimmer der Leserin oder des Lesers bringen.

Trotzen dem Alltag: Geschichten voller Empathie

Melo zoomt ihre Figuren kapitelweise heran und lässt mehrere Erzählstränge parallel laufen. Schmerzhaft nah kommt sie dabei der täglichen Todesangst, zeigt die Korruption der Behörden, die Hilflosigkeit der Polizei, die Brutalität der Strasse – und verliert dabei nicht die Menschen und ihre Geschichten aus den Augen, die sie mit viel Empathie erzählt.

Da ist zum Beispiel Chilves, der sehnsüchtig die leerstehenden Luxuswohnungen beobachtet und sich ein Leben mit Jéssica ausmalt, oder da ist Iraquitan, der Schriftsteller, der Kraft aus Worten schöpft. Zusammen bilden sie eine verschworene Gemeinschaft, aus deren Mitte so etwas wie Hoffnung keimt. Patrícia Melo, die in São Paulo aufwuchs und heute in Lugano lebt, blickt in ihren Werken sozialkritisch auf Brasiliens Grossstädte und die aktuelle Politik.

Sie schreibt Kriminalromane, Hörspiele sowie Theaterstücke. «Das Schreiben mancher Bücher ist schwieriger oder zumindest schmerzvoller als das anderer. Das war bei 'Die Stadt der Anderen' der Fall», schreibt sie in der Danksagung. Bei aller Schwere schafft es Melo aber, sich erzählerisch eine beeindruckende Leichtigkeit zu bewahren.*

*Dieser Text von Maria Künzli wurde mithilfe einer Stiftung realisiert.

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