Backstreet Boys: Hilfe, ich war (fast) der einzige Mann am Konzert!

Plötzlich waren sie da, die «Boy-Bands». Allen voran die Backstreet Boys. Wir «Giele» aus der Hauptstadt haben in den 90er-Jahren nur müde über die tanzenden Schönlinge gelächelt, kannten aber jedes Lied, und konnten heimlich den Refrain auswendig. Die Songs liefen ja auch überall.

Spätestens vor dem Millennium im Jahr 2000 war gefühlt jedes Berner «Modi» in die Pilzfrisur von Nick Carter verliebt. In den Discos wurde zu «As Long as You Love Me» gekuschelt.

Nick Carter, den wir Jungs früher am peinlichsten fanden, habe ich gestern live auf der Bühne gesehen. Ich habe die Einladung ans «peinliche» Backstreet-Boys-Konzert also wirklich angenommen und stehe im Hallenstadion.

Sehr rasch realisiere ich: Hilfe, ich bin (fast) der einzige Mann hier!

Es sind viele weibliche Fans von früher, die heute Mitte Dreissig sind und mit ihren Freundinnen einen lustigen Ausflug machen. Ihre Gemeinsamkeit: Sie kennen jedes Lied auswendig und singen lautstark mit. Bei Nick, der heute 42 ist, drei Kinder und einen kleinen Bierbauch hat, kreischen sie immer noch am Lautesten.

Dass auch die Boys etwas in die Jahre gekommen sind, ist den berauschten Ladies egal. Sie sind es ja auch. «Wir haben Familien gegründet, ihr habt Familien gegründet», erklärt Kevin (51). Das gefällt.

Schon vor dem ersten Song der Backstreet Boys kreischen die 15'000 Fans im ausverkauften Hallenstadion aus vollen Kehlen. Es ist ein ohrenbetäubender Lärm und – ganz ehrlich – ohne Stöpsel nur schwierig auszuhalten.

Es ist Popcorn-Zeit: Die Jungs werfen Unterhosen in die Menge, BHs fliegen auf die Bühne zurück. Groupie-Alarm im Hallenstadion! Spätestens, als Howie D das weibliche Publikum mit «Gruezi Zuri» begrüsst und der Song «Don’t Want You Back» beginnt, gibt es kein Halten mehr.

Es geht Schlag auf Schlag. Als nach einer Stunde Brian Littrells ramponierte Stimme nachlässt, übernimmt kurzerhand das Publikum.

Die Boys aus Florida liefern in den zwei Konzertstunden einen Retro-Hit nach dem anderen, ihr Lieder-Repertoire scheint unerschöpflich. Ob inhaltlich relevant oder nicht? Es ist an diesem Abend schlicht egal. Und zugegeben, bei «Shape of My Heart» summe auch ich am Ende mit.

Nach dem Konzert bilden sich innert weniger Minuten riesige Schlangen vor den Frauen-WCs. Das Problem wird rasch gelöst. Viele Besucherinnen gehen kurzerhand in die Männer-Toiletten, die waren nämlich leer.

Heute ziehen die Backstreet Boys nach ihrem einzigen Konzert in der Schweiz weiter. Ihre Ohrwürmer bleiben sogar am Morgen nach dem Konzert. «Rock your body, yeah yeah!»