Es hat gut 15 Wochen gedauert, bis sich aus dem Jungtier, das am 5. Februar als eigentlicher Nesthocker geboren wurden, ein Jungbär entwickelt hat.
Ein Brillenbär knabbert im Zoo Zürich an einem Eisklotz mit gefrohrenem Futter.
Ein Brillenbär knabbert im Zoo Zürich an einem Eisklotz mit gefrohrenem Futter. - Keystone

Es braucht immer noch viel Überzeugungskraft der Mutter, das Jungtier mit dem Namen Uyuni, ein Männchen, in die Aussenanlage zu locken. All die Zeit war eine Wurfbox in den im Hintergrund gelegenen Stallungen sein sicherer Hort. Jetzt bekommt seine Welt eine neue Dimension.

Einzige Bären Südamerikas

Brillenbären – so genannt in Anlehnung an die individuelle weisse Gesichtszeichnung, die sich mitunter brillenartig um ihre Augen legt und bei jedem Bären etwas anders aussieht – sind die einzigen Bären Südamerikas. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich in einem schmalen Streifen den tropischen Anden entlang von Venezuela im Norden bis Bolivien im Süden.

Auf diese Verbreitung nimmt der andere Name Andenbär Bezug. Den bevorzugten Lebensraum bilden Bergnebelwälder mit reicher Vegetation.

Wenngleich Allesfresser, macht tierische Kost in der Nahrung der Brillenbären nur einen kleinen Anteil aus. Als geschickte Kletterer nutzen die Bären auch Nahrungsquellen wie epiphytische Bromelien in den Bäumen.

Unerwartete Geburt

Uyuni ist das sechste Jungtier unserer Mutter Cocha, die mit ihrer Mutter Sisa, also der Grossmutter von Uyuni, und mit der älteren Schwester von Uyuni, Rica, zusammenlebt. Vater Apu hat eigentlich ein Hormon-Implantat zur Verhinderung seiner Fruchtbarkeit, das aber offenbar nicht funktioniert hat, wie sich jetzt zeigt.

Trotzdem sind die Aussichten intakt einen guten Platz für das Jungtier zu finden, wenn es erwachsen ist. Das Junge hat auffällig starke und gut ausgebildete Krallen.

Bei Gefahr führt seine Flucht denn auch in die Bäume, gute Kletterfähigkeiten dienen der Sicherheit. Bei den ersten Kletterpartien werden dem Betrachter aber zuweilen starke Nerven abverlangt, kann doch die fehlende Übung und das unbekümmerte Kletterverhalten auch zu Abstiegen im freien Fall führen.

Von absoluter Unbeholfenheit zum Könner

Brillenbären kommen etwa 250 Gramm schwer und mit geschlossenen Augen und Ohren zur Welt. Wie bei allen Bären braucht es einige Zeit, bis sie das erste Mal aus ihrer Höhle an die frische Luft kommen.

Während die Tierpfleger in der letzten Phase in der Höhle die Entwicklung beurteilen können, können wir und die Besucher diese erst im Aussengehege beobachten. Doch jetzt, nach dreieinhalb Monaten, freut sich die Mutter sichtlich, wieder etwas Sonnenlicht tanken zu können und trägt das Kleine hinaus ins Freie.

Jetzt wird klar, dass wir es bei den Brillenbären mit Bären zu tun haben, die findig sind wie ein Orang-Utan und geschickt wie ein Schimpanse. Nicht ohne Grund nennt man die Brillenbären auch die Schimpansen unter den Bären. Ihrer Lernfähigkeit wegen wurden sie in den Anden auch gezähmt und zur Betreibung von Blasbälgen eingesetzt.

Brillenbären in der Wildnis und im Zoo

Brillenbären sind die einzigen Vertreter der Bärenfamilie in Südamerika. Sie bewohnen in zwei voneinander getrennten Populationen tropische bis subtropische Gebirgswälder der Anden in Höhenlagen von etwa 1000 bis 2000 m ü. M. Als ausgezeichnete Kletterer erschliessen sie sich einen Teil ihrer Nahrung wie Früchte und zarte Triebe in den Bäumen.

Menschliche Nutzungsansprüche bedrängen den Lebensraum der Brillenbären zunehmend, und die Bären werden immer wieder gejagt, weil sie gerne in Maiskulturen einbrechen und Schäden verursachen. Für die Brillenbären wird ein vom Tierpark Berlin betreutes Europäisches Erhaltungszuchtprogramm (EEP) geführt.

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