Dubioser Kunst-Deal: Millieu-Wirt vor Gericht
Die beiden Angeschuldigten werden mehrheitlich am Dienstag vom Gericht gefragt werden. Die Eröffnung des Urteils ist für den 29. Mai geplant.

Und immer wieder lockt der vermeintlich grosse Gewinn: Vertrauensselige Investoren haben einem Zürcher Milleu-Wirt und einem Berner Geschäftsmann Millionen anvertraut für den Kauf von Kunstwerken. Doch der Deal war faul. Die mutmasslichen Strippenzieher stehen seit Montag in Bern vor Gericht.
Die Anklageschrift listet seitenweise Zahlungen auf, die Investoren dem Duo während mehrerer Jahre leisteten, damit der Wirt zwei Gemälde von angeblichem Weltrang kaufen und anschliessend weiterverkaufen könnte. Die Deliktsumme beläuft sich laut Anklage auf rund zehn Millionen Franken.
Zunächst war die Rede von einem Gemälde von Tizian, das der Wirt einer Zürcher Rotlicht-Bar für rund sieben Millionen Franken erstehen könne - ein Schnäppchen sozusagen. Der Weiterverkauf würde Millionen einbringen, an denen die Investoren grosszügig beteiligt würden.
Bald darauf nahm die Geschichte eine neue Wendung: der Wirt habe von den gleichen Kunstliebhabern auch einen Rembrandt an der Angel, auch er zum Schnäppchenpreis. Die Gemälde würden auf dem Kunstmarkt locker 30 bis 50 Millionen einbringen, so das Versprechen an die Geldgeber.
Da aber die Erben der Kunstliebhaber auf einen höheren Preis pochten, brauche der Zürcher Wirt eben noch etwas mehr Geld, damit der Deal zustande komme.
Nicht eben kunstbewandert
Neben dem Wirt gewann insbesondere der Berner Geschäftsmann Investoren für den Deal. Die Geldgeber waren meist in Sachen Kunst nicht eben bewandert.
Er habe im Internet nach dem Tizian gegoogelt und festgestellt, dass es ihn gebe, sagte einer der Geldgeber am Montag vor Gericht. Offenbar zufrieden mit seiner Recherche unterliess der Mann weitere Abklärungen.
Augenschein im Depot
Verschiedene Geldgeber konnten in einem Kunstdepot in Zürich tatsächlich auch ein Gemälde besichtigen. «Es hatte einen schweren Rahmen, war schön gemalt, keine plumpe Fälschung», beschrieb einer der Investoren, was er gesehen hatte. Darüber hinaus legte der Wirt Dokumente und Bankauszüge vor, die die Echtheit der Werke und das Gelingen des Deals untermauern sollten.
Doch wie Experten später bescheinigten, handelte es sich bei dem Bild im Depot um einen «Non-Valeur», also um kein teures Kunstwerk. Und das Geld der Investoren floss laut Anklage auch nicht in den Kunstkauf, sondern in eine Bar im Zürcher Kreis «Cheib», nach Brasilien zur Freundin des Wirts, oder in Unterhaltszahlungen.
Die Anklageschrift kommt zum Schluss, dass sowohl der Wirt wie auch der Berner Geschäftsmann die Investoren im Unglauben liessen, dass beide hoch verschuldet waren, über keine regelmässigen Einkünfte verfügten und weder willens noch in der Lage waren, das Geld zurückzuzahlen. Der Wirt und der Geschäftsmann haben laut Anklage «eng und wechselseitig miteinander zusammengewirkt» und waren «mindestens konkludent» mit dem Vorgehen des jeweils anderen einverstanden.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Erst allmählich dämmerte es den Geldgebern, dass sie hingehalten würden, wie drei von ihnen am Montag vor Gericht schilderten. Doch manche zahlten noch lange, festhaltend an der Hoffnung, dass aus dem Deal trotz allem noch etwas werden möge.
Unterdessen stehen der Wirt und der Berner Geschäftsmann vor Gericht, wo sie sich unter anderem wegen gewerbsmässigen Betrugs und diverser anderer Tatbestände verantworten müssen.
Auf der Anklagebank sitzt ein ungleiches Duo: der eher raubeinig wirkende Zürcher Millieu-Wirt in Jeans und T-Shirt und der elegant gekleidete Berner Geschäftsmann mit grauweissem, halblangem Haar, das locker in den Nacken fällt. Für beide gilt die Unschuldsvermutung.
Die beiden Angeschuldigten werden mehrheitlich am Dienstag vom Gericht gefragt werden. Die Eröffnung des Urteils ist für den 29. Mai geplant.