Die diesjährigen Solothurner Literaturtage zogen insgesamt 18'500 Besucher an. Besonders die Gäste aus dem Osten begeisterten diese.
Solothurner Literaturtage
Ein offener Bücherschrank in Solothurn. (Symbolbild) - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Am Sonntagnachmittag ging die 44. Ausgabe der Solothurner Literaturtage zu Ende.
  • Insgesamt 18'500 Literaturbegeisterte nahmen an der Veranstaltung statt.
  • Besonders begeistert haben die Stimmen von Gästen aus dem Osten.

Dass Literatur keinen Antworten gibt, sondern Fragen aufwirft, hat die diesjährigen Solothurner Literaturtage geprägt. Nicht zuletzt viele Gäste aus dem Osten haben für neue Perspektiven gesorgt. Am Sonntagnachmittag ist die 44. Ausgabe zu Ende gegangen.

Mit der 44. Ausgabe sind die Solothurner Literaturtage machtvoll in die Stadt an der Aare zurückgekehrt. Rund 18'500 Literaturbegeisterte haben während der vergangenen drei Tage den Weg an die Veranstaltungsorte gefunden oder die Lifestreams gehört.

Mehr Besucher als 2019 an Solothurner Literaturtage

Das sind etwas mehr als 2019, an der letzten Ausgabe vor der Pandemie. Erfreut, aber auch erleichtert darüber zeigen sich die Verantwortlichen. «Wir konnten nicht sicher sein, dass das Publikum nach der Pandemie zurückkehrt». Das sagte der Geschäftsführer der Solothurner Literaturtage Dani Landolf am Sonntag gegenüber Keystone-SDA.

Solothurner Literaturtage
Der Schweizer Autor Rolf Hermann liest aus einem seiner Bücher bei einer Lesung vor dem Publikum bei der St.Ursen-Kathedrale während der 44. Solothurner Literaturtage, am Freitag, 27. Mai 2022 in Solothurn. (KEYSTONE/Anthony Anex) - keystone

Am Sichtbarsten für die Menschen in Solothurn wurde diese Rückeroberung mit der neuen Aussenbühne vor der St. Ursen-Kathedrale. Dort haben an den Nachmittagen Autorinnen und Autoren gratis gelesen.

Doch diese 44. Ausgabe war auch für das treue zahlende Publikum anders. An die Stelle von Partystimmung in den Vorjahren, ist vielerorts das Bewusstsein von Verletzlichkeit getreten.

Dafür gesorgt haben ausgesprochen viele Stimmen aus dem Osten – so etwa die Syrerin Anisa Alrefaei Roomieh. Diese stellte ihre Graphic Novel «Bei mir, bei dir» vor.

Diskussionsrunde zu Ukraine-Krieg

Ganz besonders galt das auch für den Samstagabend. Ins Programm gerückt wurde die Diskussionsrunde «Was Russlands Krieg gegen die Ukraine mit uns macht». Zugeschaltet war aus der westukrainischen Stadt Czernowitz Evgenia Lopata, unter anderem Leiterin des dortigen Lyrikfestivals.

Auf dem Podium sassen vier weitere Frauen, die ursprünglich aus der Ukraine, aus Belarus oder aus Russland kommen. Und deutlich wurde vor diesem Hintergrund die Macht von Sprachen. Vor allem, wenn eine absolut gesetzt wird – so das Russische in Belarus oder in der Ukraine.

Solothurner Literaturtage
Der Saal ist gut besetzt anlaesslich der Eroeffnung der 44. Solothurner Literaturtage vom Donnerstag, 26. Mai 2022 in Solothurn. (KEYSTONE/Urs Flueeler). - keystone

Deutlich wurde auch die Ambivalenz von Kategorien wie Nationalliteratur oder Exilliteratur. «Es gibt heute gute und schlechte Literatur und Weltliteratur in unterschiedlichen Sprachen». Das konstatierte etwa die Belarussin Iryna Herasimovich zur Kontroverse, ob man heute noch Fjodor Dostojewski lesen dürfe.

Darüber hinaus hinterliess die deutliche Präsenz von Autorinnen, die im Rahmen einer Residenz in der in Schweiz arbeiten, ihre Spuren. So etwa Rumena Bužarovska aus Nordmazedonien, Djaimilia Pereira de Almeida aus Angola und Portugal. Oder die Albanerin Luljeta Lleshanaku. Alle drei waren eingeladen aufgrund einer Kooperation mit der Kulturstiftung Landis & Gyr.

Schweizerisches Literaturschaffen gut vertreten

Als vielsprachig und ebenso vielstimmig präsentierte sich zudem das schweizerische Literaturschaffen. Geradezu exemplarisch dafür war ein Podium, das der Schweizer Autorenverband (AdS) im Rahmen seines zwanzigsten Jubiläums angeboten hat: Daran nahmen die Autorin Ivna Žic, die Verlegerin Noémi Schaub und die Übersetzerin Nathalie Garbely teil.

In ihrer Diskussion ging es um das Aufbrechen sprachlicher Normen, um die Höhrbarkeit von Secondas oder LGTBQ-Menschen. Die Podiumsteilnehmerinnen forderten, dass Festschreibungen über die Sprache aufzubrechen seien. Und, dass der gängigen einzigen Perspektive ein Plural verschiedener Perspektiven entgegenzusetzen sei.

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Eine Besucherin haelt das Programm in den Haenden waehrend der 44. Solothurner Literaturtage, am Freitag, 27. Mai 2022 in Solothurn. (KEYSTONE/Anthony Anex) - keystone

Dieses Plädoyer für einen vielstimmigen und umsichtigen Umgang mit Worten setzte bereits den Ton an der Eröffnungsveranstaltung am Donnerstag. Er zog sich in den folgenden Tage als Roter Faden durch das Festival. Letztlich auch dadurch, dass aussergewöhnlich viele weiblichen Stimmen zu Wort kamen. «In diesem starken Jahrgang hat sich das automatisch ergeben», so Landolf zum Abschluss.

Gute Ausgabe

Persönlich freue er sich, mit dieser 44. Ausgabe der Solothurner Literaturtage «eine gute Visitenkarte» hinterlassen zu haben. Denn er gibt die Leitung nach nur zwei Ausgaben bereits wieder ab. Damit hat er die letztjährige Werkschau, die pandemiebedingt digital durchgeführt wurde, und die diesjährige verantwortet.

«Ein bisschen Wehmut ist schon dabei», sagt er. In einigen Wochen reicht er den Stab an die Ko-Leitung aus Nathalie Widmer und Rico Engesser weiter.

Sie werden dann die 45. Solothurner Literaturtage verantworten, die vom 19. bis 21. Mai 2023 stattfinden sollen.

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