Der Wechsel der fast ganzen Belegschaft der IT-Firma Comparex zu Bison im Jahr 2010 war nicht das Ergebnis einer gezielten Falschinformation gewesen. Vielmehr sei die Unzufriedenheit der Mitarbeiter gross gewesen. Zu diesem Schluss kommt das Luzerner Kantonsgericht.
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Netzwerkkabel an verschiedenen Ports. - Keystone

Die Comparex gehörte mehrheitlich einem deutschen Unternehmen sowie zu 30 Prozent dem Softwareunternehmen Bison. Der Geschäftsleiter der Bison war Mitglied des Comparex-Verwaltungsrats, trat aber aus diesem wegen Unstimmigkeiten im April 2010 zurück.

An einer darauf folgenden Mitarbeiterinformation erklärte der Bison-Geschäftsleiter den Comparex-Angestellten, dass Bison jedem eine Stelle zu denselben Konditionen anbiete. Dabei hatte er bereits für jeden Comparex-Mitarbeiter ein unterschriftsreifes Stellenbestätigungsschreiben zur Hand. Zuvor hatte er Kündigungen bei der Comparex-Muttergesellschaft in Deutschland erwähnt.

Innerhalb weniger Tag wechselte 90 Prozent der Comparex-Belegschaft zu Bison. Ihnen folgten auch wichtige Comparex-Kunden. Die Comparex erlitt grosse Umsatzeinbussen, ihr Eigenkapital sank innerhalb von sieben Monaten von 4 Millionen Franken auf minus 8 Millionen Franken.

Die Luzerner Staatsanwaltschaft brachte wegen der Massenkündigung den Bison-Geschäftsleiter, den Chef der Comparex sowie vier weitere Comparex-Kadermitglieder vor Gericht. Die sechs Beschuldigten wehrten sich gegen eine erste Verurteilung 2016 durch das Kriminalgericht. Das Kantonsgericht sprach die Männer im Januar 2020 zwar nicht frei, verhänge aber mildere Strafen. Am Mittwoch veröffentlichte es die Begründungen zu den Urteilen.

Wie die Vorinstanz sprach das Kantonsgericht den Bison-Geschäftsleiter der ungetreuen Geschäftsbesorgung schuldig. Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft kam es zum Schluss, dass der Beschuldigte nicht mit einer gezielten Falschinformation über eine Strategieänderung die Comparex-Belegschaft beeinflusst habe. Vielmehr habe in dieser eine grosse Unzufriedenheit geherrscht.

Weil ein Teil der Comparex-Leute für Bison arbeitete, habe der Bison-Geschäftsleiter das Know-how für sein Unternehmen sichern wollen. Sein Ziel sei es aber nicht gewesen, fast die ganze Comparex-Belegschaft abzuwerben, schreibt das Kantonsgericht. Er habe aber seine Loyalitätspflichten als Comparex-Verwaltungsrat verletzt, auch wenn er kurz zuvor aus diesem zurückgetreten sei.

Das Kantonsgericht kürzte die Strafe für den Bison-Geschäftsleiter wegen der langen Verfahrensdauer um vier Monate auf zwei Jahre. Die Strafe wurde zudem vollständig bedingt ausgesprochen.

Besser weg als beim Kriminalgericht kam der Chef der Comparex. Er wurde vom Kantonsgericht nicht wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung, sondern wegen Gehilfenschaft dazu verurteilt. Gleiches gilt für die vier weiteren angeklagten Geschäftsleitungsmitglieder der Comparex.

Das Kantonsgericht kam zum Schluss, dass diese fünf Beschuldigten den Schaden der Comparex nicht verursacht hätten. Sie hätten aber die Abwerbung der Belegschaft erschweren können.

Vor allem der Chef hätte alles unternehmen müssen, um den sich abzeichnenden Schaden abzuwenden. Seine Untätigkeit sei eine gravierende Pflichtverletzung.

Der Comparex-Chef und der Bison-Geschäftsleiter haben nach Ansicht des Kantonsgerichts nicht in Mittäterschaft gehandelt. Es halbierte die Strafe für den Comparex-CEO deswegen auf 14 Monate bedingt. Die vier weiteren Geschäftsleitungsmitglieder wurden mit bedingten Geldstrafen bestraft.

Die sechs Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

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