GLP: «Kann Strukturwandel in Liestal auch viel Positives abgewinnen»
Am 26. Oktober 2022 steht das Strukturwandel-Postulat im Liestaler Einwohnerrat zur Debatte. Yves Jenni (GLP) appelliert an die Eigenverantwortung.

Am 26. Oktober 2022 diskutiert der Einwohnerrat in Liestal das Postulat «Strukturwandel – Support für Laden- und Gastrobetreibende» von Bernhard Bonjour und Anja Weyeneth der SP-Fraktion.
Dabei geht es unter anderem um das voranschreitende «Ladensterben» und den Überlebenskampf der Gastronomiebranche.
Die Einführung eines «runden Tischs» und die Ernennung einer Stadtmanagerin oder eines Stadtmanagers werden von den beiden Verfassern als mögliche Ansätze genannt.
Nau.ch hat über dieses Thema bereits mit Roger Ballmer (FDP) und Hanspeter Meyer (SVP) gesprochen. Yves Jenni (GLP) hat ebenfalls mit uns gesprochen und sieht im Strukturwandel nicht nur Nachteile.
Nau.ch: Woran macht Ihre Fraktion den sogenannten Strukturwandel in Liestal fest und wie beurteilt sie diesen?
Yves Jenni: Strukturwandel findet überall statt, so auch in Liestal. In diesem Zusammenhang wird bei uns oft auf das Ladensterben und die schwierige Ausgangslage für Kultur und Gastronomie hingewiesen.
Diese Probleme sind jedoch nicht Liestal spezifisch und auch nicht neu. Mit dem Boom des Onlinehandels und den vergangenen Pandemiejahren, hat sich dieser Trend jedoch noch verschnellert.
Es ist schwierig zu sagen, wie man gegen dieses Phänomen angehen kann. Auch Kosten dürfen unsere Einkäufe nichts mehr.
Diese Mischung führt auch an besten Stellen in Basel dazu, dass Läden verschwinden oder leer stehen, wie etwa am Barfüsserplatz.
Jeder muss sich hierbei aber auch selbst an der Nase nehmen und halt auch lokal, also in Liestal einkaufen gehen.
Nicht immer, nicht alles, aber ab und zu. Ob ein feines Fondue im Milchhüsli, ein gutes Brot im Finkbeiner oder ins Oris einen Film schauen gehen.
Ich persönlich kann dem Strukturwandel jedoch auch viel Positives abgewinnen. Gerade im Bereich Bausubstanz findet in Liestal ein struktureller Wandel statt, welcher unseren Lebensraum attraktiver macht.
Hochwertige Quartierpläne führen zu Verdichtung sowie effizienterer Planung, was uns in einigen Jahren zum Beispiel einen attraktiven Stadtpark mitten im Zentrum bringen wird. Neue Überbauungen bringen weiteren Wohnraum.
Dessen Bewohnerinnen und Bewohner zahlen auch in Liestal Steuern, was zu einer weiteren Stabilisierung unserer doch sehr strapazierten Stadtfinanzen beitragen kann.
Nau.ch: Welche inhaltlichen Schwerpunkte würde Ihre Fraktion setzen, um Liestal auch in Zukunft attraktiv sowohl für Einwohner als auch für Touristen zu gestalten, und welches Vorgehen würde sie vorschlagen?
Yves Jenni: Das neue Parkregime hat zweifelsfrei hohe Wellen geworfen. Klar gibt es nun viele Stimmen, welche die Parktariferhöhungen als Untergang des Liestaler Gewerbes heraufbeschwören.
Dies so pauschal zu behaupten, greift für mich jedoch definitiv zu kurz.
Es gibt sicherlich gewisse Auswirkungen, welche nicht bestreitbar sind. Gewisse Leute kaufen vermehrt an anderen Orten ein, da man nur noch teuer direkt vor dem Laden parkieren kann.
Jedoch müssen wir klar sagen, dass das Parkangebot in Liestal sehr gross ist.
Um das ganze Zentrum herum gibt es Parkhäuser, von denen man in kürzester Zeit mitten im Stedtli ist.
Auch die Tarife in diesen Parkhäusern ist mit +/- 2 Franken pro Stunde völlig normal. Der Anspruch, öffentlichen Raum im Zentrum einer Stadt zum Nulltarif für das eigene Auto zu nutzen, ist für mich dabei nur sehr schwer nachvollziehbar.
Die schwierigen Gegebenheiten für das Liestaler Gewerbe sind deshalb wohl kaum grundsätzlich auf die höheren Tarife zurückzuführen.
Wie schon vorher erwähnt, ist dieser Trend schon langer vor der Gebührenerhöhung im Frühling feststellbar.
Liestal wird sich in den nächsten Jahren weiter entwickeln und gerade mit der neu entstehenden und hochwertigen Infrastruktur kann unser Stedtli weiter an Attraktivität gewinnen.
Nau.ch: Welche inhaltlichen Schwerpunkte würde Ihre Fraktion setzen, um Liestal auch in Zukunft attraktiv sowohl für Einwohner als auch für Touristen zu gestalten, und welches Vorgehen würde sie vorschlagen?
Yves Jenni: Es ist schwierig zu sagen, welches Vorgehen automatisch zu einer garantierten Attraktivitätssteigerung führt.
Jedoch ist gerade die Umsetzung der geplanten Bauten wie dem Bahnhof und der Quartierpläne, sowie ein Erhalt und Ausbau des jetzigen Angebots in Kultur, Einkauf und Gastronomie, zentrale Pfeiler.
Mit dem neuen Bahnhof und dem hoffentlich dereinst realisierten Stadtpark, entsteht bei uns ein sehr ansprechendes Ensemble, welches direkt zum Flanieren Richtung Altstadt einlädt. Auch die Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Verkehr wird noch besser.
Gerade die Veranstaltungen müssen in Liestal weiter hochgehalten werden. So freue ich mich, dass neben den vielen regelmässigen Märkten dieses Jahr der Weihnachtsmarkt endlich wieder stattfinden kann.
Jedoch sehen wir auch, dass Liestal an der Fasnacht oder an diversen anderen Festen wie «Liestal tanz» aufblüht und als regionales Zentrum glänzt.
Nicht zuletzt ist für mich auch wichtig, dass mit den bestehenden sowie neu entstehenden Parkhäusern rund um die Altstadt, die oberirdischen Parkplätze stark reduziert werden.
So wird aus meiner Sich gerade am Fischmarkt die Entwicklung einer Flaniermeile, parallel zur Rathausstrasse, durch den starken Parkplatzsuchverkehr verhindert.
Auch der Zeughausplatz oder der Wasserturmplatz hätten mit weniger Verkehr und weniger platzzerrenden Parkplätzen, sicherlich grosse Aufwertungs- und Entwicklungschancen.
Zur Person
Yves Jenni ist 25 Jahre alt und in Liestal aufgewachsen. Er studiert Gesundheitswissenschaften und Technologie in Zürich und fährt neben dem Studium als Velokurier durch die Strassen von Basel.
Politisch engagiert er sich als Einwohnerrat der Grünliberalen Partei im Gemeindeparlament von Liestal und gehört der Grünliberalen/EVP/Mitte-Fraktion an.
In seiner Freizeit geht er nebst der Politik auch noch dem Kletter- und Bergsport nach und fährt auch sehr gerne mit dem Rennrad aus.