Wie die Gemeinde Herisau berichtet, hätte das fakultative Referendum für den Voranschlag der Volksinitiative «Finanzreferendum» grosse Verzögerungen zur Folge.
Gemeindehaus Herisau.
Gemeindehaus Herisau. - Nau.ch / Simone Imhof
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Die Volksinitiative «Finanzreferendum» möchte das fakultative Referendum für den Voranschlag der Gemeinde Herisau einführen.

Dies brächte grosse Verzögerungen und Unsicherheiten mit sich. Der Gemeinderat beantragt deshalb dem Einwohnerrat, die Volksinitiative abzulehnen.

Dafür stellt er eine Regelung zur Diskussion, die konkrete Änderungen am Voranschlag ermöglichen würde. Der Einwohnerrat entscheidet am 5. Juni 2024 über das Geschäft.

Behandlung des Voranschlags erst Anfang Dezember möglich

In der Gemeinde Herisau ist seit 2012 der Einwohnerrat für die definitive Verabschiedung des Voranschlags samt Steuerfuss zuständig.

Damals beschlossen die Stimmberechtigten an der Urne, auf die Möglichkeit des obligatorischen Finanzreferendums zu verzichten und dem Parlament die Kompetenz zur Verabschiedung des Voranschlags vollständig zu überlassen.

Seither ist es zeitlich möglich, den Voranschlag erst Anfang Dezember 2024 im Einwohnerrat zu behandeln, was die Genauigkeit der Zahlen erheblich erhöht.

Volksinitiative «Finanzreferendum»

Am 31. Oktober 2023 wurde die Volksinitiative «Finanzreferendum» bei der Gemeindekanzlei eingereicht.

Diese verlangt, dass die Stimmberechtigten das fakultative Referendum gegen den Beschluss des Einwohnerrates betreffend Voranschlag oder Festsetzung des Steuerfusses ergreifen können.

Der Gemeinderat beantragt dem Einwohnerrat für die Sitzung vom 5. Juni, die Volksinitiative abzulehnen. Er nennt dafür zwei Hauptgründe.

Ungünstiger Zeitpunkt für Budgetprozess

Erstens würde das fakultative Referendum noch mehr als das obligatorische Referendum den Entscheid hinauszögern, wann die Gemeinde ein bewilligtes Budget erhält.

Grund dafür ist das Abwarten der 30-tägigen Frist, ob jemand das fakultative Referendum ergreift, plus die Zeit bis zur Urnenabstimmung.

Dies würde bedeuten, dass der verwaltungsinterne Budgetprozess vier Monate früher beginnen müsste.

Also zu einem Zeitpunkt, an dem viele Grundlagen für die Budgetierung noch nicht vorhanden wären. Dies würde die Ungenauigkeit der Budgetierung erhöhen.

Unklarheiten bei Einsparungen

Sollte dann das Budget aufgrund des ergriffenen fakultativen Referendums abgelehnt werden, könnte der Einwohnerrat frühestens Anfang Februar des folgenden Jahres erneut über den Voranschlag befinden – der erneut dem fakultativen Referendum unterstehen würde.

Die Gemeinde könnte also monatelang ohne genehmigten Voranschlag dastehen und dürfte nur die zwingenden, also gebundenen Ausgaben tätigen.

Als zweites Problem sieht der Gemeinderat den Umstand, dass bei einer Ablehnung des Voranschlags durch das Stimmvolk nicht klar wäre, wo genau gespart werden müsste.

Zudem ist der Spielraum für Einsparungen bei Ausgaben, die zu 90 bis 95 Prozent gebunden sind – also durch rechtliche Grundlagen und bisherige Beschlüsse auszuführen sind – sehr klein.

Regelung zur Diskussion

Der Gemeinderat empfiehlt dem Einwohnerrat deshalb die Volksinitiative «Finanzreferendum» zur Ablehnung.

Stattdessen stellt er eine Regelung zur Diskussion, die im Kanton St.Gallen seit 2013 möglich ist: Wer das fakultative Referendum gegen den Voranschlag ergreift, muss angeben, welche Budgetposten in welchem Umfang geändert werden müssen.

Ebenso muss bei einer verlangten Senkung des Steuerfusses angegeben werden, welche Budgetposten reduziert werden sollen, damit der Voranschlag im Gleichgewicht bleibt.

Zwei Varianten

Da auch diese Regelung nach Ansicht des Gemeinderats zeitlich und inhaltlich grosse Nachteile mit sich brächte, sieht der Gemeinderat nur zwei Varianten: Entweder bleibt die abschliessende Kompetenz beim Einwohnerrat, oder es soll auf jeden Fall eine Abstimmung (obligatorisches Referendum) stattfinden.

Das Instrument «Fakultatives Finanzreferendum» für Voranschlag und Steuerfuss erachtet der Gemeinderat als artfremd, unnötig prozesslähmend und damit ungeeignet.

Dies insbesondere auch deshalb, weil jede Ausgabe der Gemeinde einer Rechtsgrundlage, eines bewilligten Voranschlagkredites und einer Ausgabenbewilligung bedarf, bevor sie getätigt werden kann.

Öffentliche Debatte am 5. Juni 2024

Die Ausgaben stammen somit aus festen Vorgaben oder bereits gefällten Beschlüssen im Rahmen der Finanzkompetenzen der Gemeindeordnung; ein Voranschlag und darin die Festsetzung des Steuerfusses enthalten den Nachvollzug dieser Beschlüsse.

Der Einwohnerrat debattiert am 5. Juni 2024 über die Vorlage, die Sitzung ist öffentlich.

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