Anne-Marie die Schönheit
Anne-Marie die Schönheit - zvg
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Anne-Marie ist in ihrem langen Leben vieles gewesen – Schauspielerin, Ehefrau und Mutter, Muse von diversen Künstlern, aber eines war sie bestimmt nie: eine Schönheit, eine Diva, der alle zu Füssen lagen. Wenn sie auf der Bühne stand, und das ist schon sehr lange her, strahlte sie manchmal eine gewisse Schönheit aus, aber im Alltag war sie ein unscheinbares Mauerblümchen, eine ewig zu kurz gekommene Künstlerin, die nie die ganz grossen Rollen spielen durfte, die nie die wirklich interessanten Männer abbekam, die nie den Sprung auf die bedeutenden Bühnen der Welt schaffte, sondern sich mit Engagements an kleinen Vorstadt-Bühnen, mit einem langweiligen Gatten und einem spiessigen Sohn begnügen musste.

Doch gerade weil sie so viel erlebt hat, weil sie die Gebrechen und die Einsamkeit des Alters mit stoischer Würde erträgt, weil sie vielleicht die letzte noch lebende Zeugin einer untergehenden Ära ist, in der das Theater noch ein zentrales Medium der intelligenten Unterhaltung war, sind ihre Erinnerungen – so trügerisch und zweifelhaft sie auch sein mögen – ein grosser kultureller Erfahrungsschatz.

Anne-Marie ist in allen ihren widersprüchlichen Gefühlen und ihren chaotischen Gedanken ein wunderbares Beispiel dafür, dass das Lebensglück nicht unbedingt nur im hellen Scheinwerferlicht und im grossen Abenteuer zu finden ist.



Die französische Schriftstellerin Yasmina Reza ist mit ihren ebenso humorvollen wie existenziell tiefgründigen Theaterstücken zu einer international gefragten Autorin geworden. Schon der Titel ihres neuen Werks „Anne-Marie die Schönheit“ ist – wie bei Yasmina Reza üblich – ein hinterhältiges Spiel mit dem Widerspruch zwischen Schein und Sein, ein satirischer Seitenhieb auf den tiefen Spalt, der sich zwischen Wahrheit und Lüge, wirklichem Leben und gewünschter Traumwelt auftut.

«Gerade in Frauenkleidern verkörpert der virile Robert Hunger-Bühler anrührend den Zwiespalt in Anne-Maries gelebtem und ungelebtem Leben. Die feinen Dissonanzen, die er setzt, lassen die Brüche in ihrer Biografie umso stärker hervortreten.»
LUDWIGSHAFEN Stefan Otto, Die Rheinpfalz, 20.10.2022

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