Der Basler Christian Keller ist als Chef zum Nebelspalter gestossen. Nun expandiert er ins hyperlokale Printwesen mit einem Titel, der in der Klemme steckt.
Christian Keller
Win-win-Si­tu­a­ti­on? Christian Keller (links) und Armin Faes sehen die Vorteile. - Onlinereports
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Journalist Christian Keller übernimmt die Kleinbasler Zeitung.
  • Die Übernahme verspricht Synergien bei Werbung und redaktionellen Inhalten.

Der Deal kam auf der Terrasse des Café Spitz zustande: Der Journalist Christian Keller übernimmt die Kleinbasler Zeitung. Dies sei am Mittwochabend vereinbart worden, bestätigt er gegenüber OnlineReports. Die bisherige Eigentümerschaft verantworte aber noch bis Ende Jahr die Publikationen.

Mit diesem Schritt gewinnt Keller in der Medienlandschaft an Einfluss. Eben erst hat sein Portal Prime News das fünfjährige Bestehen gefeiert. Die Nachrichten-Website ist in der regionalen Medienbranche etabliert und beschäftigt zehn Mitarbeitende, die meisten davon in einem Teilzeitpensum. Zudem ist Keller seit April vergangenen Jahres Geschäftsführer des Zürcher Nebelspalters. Chefredaktor ist Markus Somm.

Nebelspalter
Eine Ausgabe des Nebelspalters aus dem Jahr 1998. (Symbolbild) - Keystone

Somm war in Basel als Chefredaktor und Verleger der Basler Zeitung umstritten, dies vor allem wegen seiner strikt bürgerlichen Ausrichtung und der teilweise kampagnenhaften Artikel, die unter seiner Führung erschienen sind. Keller war zu Somms Zeiten Bundeshausredaktor und später Regionalchef der Basler Zeitung. Zuvor hatte er bei der Basellandschaftlichen Zeitung und bei Telebasel gearbeitet.

Der Nebelspalter habe mit der Kleinbasler Zeitung nun aber «gar nichts» zu tun, betont Keller.

Elfmal 42'000 Exemplare

Die Übernahme der Kleinbasler Zeitung habe sich «so ergeben». Vor einem Jahr wäre er dafür noch nicht bereit gewesen, «doch jetzt können wir das angehen», sagt Keller.

Er verspricht sich davon Synergien. Dabei dürfte es hauptsächlich darum gehen, die Werbe-Einnahmen ausbauen zu können. Die Zeitung hat eine beachtliche Reichweite: Sie liegt elfmal im Jahr in den Briefkästen von Kleinbasel, Riehen und Bettingen. Zudem gibt es drei Zeitungsboxen. Die Auflage beträgt nach eigenen Angaben 42'000 Exemplare.

Neben der Werbung liegt auch ein Austausch der redaktionellen Inhalte nahe. Gibt es künftig mehr Kleinbasel auf Prime News und mehr Recherchen in der gedruckten Zeitung?

Es komme auf das Thema an, sagt Keller. Man habe diesbezüglich keine Agenda. Schon heute sei auf Prime News einiges über das Kleinbasler Kulturleben und die Gastronomie zu lesen. Und bei der Kleinbasler Zeitung seien «keine grossen Änderungen geplant». Man müsse dort «das Rad nicht neu erfinden» und wolle weiterhin «den Kosmos des Kleinbasels abbilden». Wesen und Geist sollen erhalten bleiben. Aber Stand heute sei noch vieles unklar.

Minimalistische Strukturen und rote Zahlen

Keller glaubt daran, dass dieser «extrem nahe Lokaljournalismus» der Kleinbasler Zeitung trotz des antiquierten Mediums Print eine Zukunft hat. Mit dem Modell von Prime News habe er eine Lösung gefunden, «wie man sich unabhängig aufstellen kann». Das müsse auch bei der Kleinbasler Zeitung das Ziel sein.

Lesen Sie die Kleinbasler Zeitung regelmässig?

Doch man kann die Übernahme auch als Rettungsaktion betrachten. Als der Gründer Roland Vögtli im Jahr 2021 verstarb, hinterliess er eine hoch verschuldete GmbH. Noch immer steckt das Blatt in den roten Zahlen. Die Zeitung hofft schon länger auf eine Übernahme und Professionalisierung. Vor etwas über einem Jahr berichtete die Basler Zeitung, dass der Friedrich-Reinhardt-Verlag nach mehreren Treffen abgelehnt hatte: «Das Risiko war uns zu gross», liess sich der CEO damals zitieren.

Faes: «Und im Anschluss an die Sitzungen machen wir gerne auch eine Flasche Wein auf.»

Man versuche, die verbleibenden fünf Ausgaben dieses Jahres noch zu stemmen, bis Keller übernehme und den Ertrag hoffentlich steigere, sagt Armin Faes. Er leitet heute die Redaktion und den Verlag der Kleinbasler Zeitung. Keller übernimmt nur die Marke, nicht aber die Firma. Diese werde Ende Jahr stillgelegt, sagt Faes.

Die Zeitung hat vom Herzblut der rund zwölf Mitwirkenden gelebt, die grösstenteils schon pensioniert und als Freelancer tätig sind. Die Entschädigungen für die geschriebenen Artikel können mit den Honoraren der grossen Titel bei Weitem nicht mithalten. Die Strukturen sind minimalistisch, die Sitzungen und Treffen der Redaktion finden in Restaurants oder in Räumlichkeiten eines Mitglieds statt. «Und im Anschluss machen wir gerne auch eine Flasche Wein auf», sagt Faes.

«Rollator-Club»

Er geht davon aus, dass er und das bisherige Personal der Zeitung erhalten bleiben. Keller hat bereits ein Treffen geplant. Die Kleinbasler Zeitung sei sicher auch eine gute Gelegenheit für junge Talente, sagt der neue Chef. Das wäre in Faes' Sinn: «Wir sind ein Rollator-Club und brauchen Nachwuchs.» Und er habe nichts dagegen, wenigstens «teilzeit-pensioniert» zu sein und etwas weniger zu tun zu haben.

Die Kleinbasler Zeitung gibt es seit rund sechs Jahren. Zuerst bestand eine Kooperation mit der Gundeldinger Zeitung, die aber nicht funktionierte. Inoffiziell ist die Zeitung auch als Konkurrenz zum Vogel Gryff entstanden. Das traditionsreiche Kleinbasler Blatt ist aber seit 2021 in ein Monatsmagazin integriert.

Nun geht auch die Kleinbasler Zeitung in neue Hände über.

Zum Autor: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal OnlineReports.ch publiziert. Per 1. Juli haben Alessandra Paone und Jan Amsler übernommen.

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