Am Donnerstag könnte die Schweizerische Nationalbank (SNB) neue Einzelheiten zur geplanten Zinswende mitteilen. Diese werden mit Spannung erwartet.
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Die Schweizerische Nationalbank in Bern. (Symbolbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Es scheint schon fast bestätigt, dass die SNB bald die Zinswende einläutet.
  • In welchem Zeitrahmen ist jedoch bislang unbekannt.
  • Das könnte sich am Donnerstag ändern – der Entscheid wird mit Spannung erwartet.
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Die Entscheide der Schweizerischen Nationalbank (SNB) vom Donnerstag werden mit grosser Spannung erwartet. Es gilt zwar als ausgemacht, dass die Notenbank die Zinswende demnächst einläuten wird. Offen ist aber der Zeitplan.

Seit dem 15. Januar 2015 hat sich beim Zins nichts mehr getan. Seither halten die SNB-Direktoriumsmitglieder um Thomas Jordan ihn bei -0,75 Prozent.

Die US-Notenbank Fed hat derweil bereits an der Zinsschraube gedreht und dürfte am Mittwochabend bereits zum dritten Mal ihre Leitzinsen erhöhen. Bei den US-Währungshütern stellt sich angesichts einer Inflationsrate von 8,6 Prozent im Mai laut den Auguren nur noch die Frage, ob sie die Zinsen um 50 oder doch gar um 75 Basispunkte erhöhen soll.

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Das Gebäude der US-Notenbank Federal Reserve System (Fed). - dpa

Auch andere Zentralbanken wie die Bank of England oder die Notenbanken Kanadas, Neuseelands, Schwedens, Norwegens oder Australiens haben bereits damit begonnen, ihre Zinsen anzuheben. Auch sie versuchen, damit den Preisauftrieb auszubremsen.

EZB und SNB zögerten noch

Neben der SNB war es vor allem die Europäische Zentralbank (EZB), die bis zuletzt gezögert hat – und dies trotz einer Inflationsrate von zuletzt 8,1 Prozent. Doch vergangene Woche nun hat auch die EZB einen Fahrplan ausgegeben, wie in der Eurozone ab Juli die Zinsen nach und nach steigen werden. Es wäre die erste Zinserhöhung im Euroraum seit genau elf Jahren.

Für Kritiker wie den Ifo-Präsidenten Clemens Fuest kommt die von der Europäischen Zentralbank angekündigte Zinserhöhung dennoch zu spät. «Zu spät dran ist die Geldpolitik, da besteht kein Zweifel», sagte er auf einer Veranstaltung vergangenen Donnerstag. Er rechne mit einem Abrutschen in eine Rezession.

Konsumentenpreise über Zielband

Diesen Vorwurf wird sich die SNB wiederum nicht machen lassen müssen. Denn mit zuletzt 2,9 Prozent liegen auch hierzulande die Konsumentenpreise zwar klar über dem Zielband der Währungshüter zwischen 0 und 2 Prozent. Im internationalen Vergleich steht die Schweiz damit aber nach wie vor gut da.

Dennoch ist den Direktoriumsmitgliedern klar, dass die anhaltend hohen Inflationsraten ein wichtiges Thema sind. Dies zeigen Äusserungen in den letzten Wochen. Zunächst betonten Thomas Jordan und Andréa Maechler nacheinander, die Geldpolitik falls nötig zu straffen.

Ende Mai meldete sich dann noch der scheidende Vizepräsident des Direktoriums, Fritz Zurbrügg, zu Wort: Die SNB müsse der Bevölkerung zeigen, dass sie die Inflation ernst nehme. Sie müsse dafür sorgen, dass sich die steigenden Inflationserwartungen nicht in den Köpfen der Menschen verfestigten.

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Fritz Zurbrügg, SNB Vizepräsident, wird Mitte 2022 zurücktreten. - sda - KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Für einige Beobachter könnten Zurbrüggs Aussagen so interpretiert werden, dass die SNB möglicherweise doch schon im Juni einen ersten Schritt macht. «An den Zinsmärkten ist dies sogar zu einem guten Teil eingepreist», heisst es in einem Raiffeisen-Kommentar. Dennoch halten die Experten der Bankengruppe eine Erhöhung im September für wahrscheinlicher.

Damit befinden sie sich in guter Gesellschaft. Die meisten Beobachter erwarten, dass die SNB der EZB den Vortritt lassen wird und höchstens eine verbale Vorbereitung auf Zinsschritte geben wird. «Trotz gegenteiliger Beteuerungen der SNB sind die meisten Kommentatoren der Ansicht, dass diese passiv auf die Politik der EZB reagiert», beschreibt etwa Stefan Gerlach von EFG das Dilemma der Schweizer Währungshüter. «Wenn sie im Juni handelt, wird diese Ansicht in Frage gestellt.»

Handelt SNB bei Leitzins ausserplanmässig?

Er kann sich aber vorstellen, dass die SNB ausserplanmässig handelt - also vor der nächsten Lagebeurteilung im September. Denn bis dann werde die EZB möglicherweise die Zinsen zweimal erhöht und die Anleihekäufe eingestellt haben. Dies könnte Folgen auf den Euro-Franken-Kurs haben.

«In Anbetracht der Tatsache, dass die letzten drei Zinsänderungen der SNB – 2011, 2014 und 2015 – allesamt zwischen den planmässigen Sitzungen erfolgten, wäre ein Halten im Juni und eine Zinserhöhung im Juli, um mit der EZB gleichzuziehen, sicherlich nicht ungewöhnlich», heisst es auch beim britischen Research-Haus Capital Economics.

Wie die kommenden Zinsschritte der SNB dann aussehen werden, dürfte vor allem von den Inflationserwartungen abhängen. Vor allem die Prognosen für 2023 und 2024 dürften die möglichen Inflationssorgen des SNB widerspiegeln. Die neuen Erwartungen dürften einen Hinweis liefern, «wie stark sich dieses Bild verändert hat und somit auch wohin sich die Geldpolitik nach der Negativzinsära bewegen wird», schreiben etwa die UBS-Ökonomen.

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