Das Anzapfen der internationalen Kapitalmärkte könnte für chinesische Firmen künftig schwieriger werden. Denn die Regierung in Peking zieht die Daumenschrauben bei Unternehmen an, die im Ausland börsenkotiert sind.
Die New Yorker Börse hat ihren Sitz an der Wall Street. Diese durchlebt eine späte Talfahrt. Foto: Mark Lennihan/AP/dpa
Die New Yorker Börse hat ihren Sitz an der Wall Street. Diese durchlebt eine späte Talfahrt. Foto: Mark Lennihan/AP/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Anzapfen der internationalen Kapitalmärkte könnte für chinesische Firmen künftig schwieriger werden. Denn die Regierung in Peking zieht die Daumenschrauben bei Unternehmen an, die im Ausland börsenkotiert sind.

Den Markt für Börsengänge in den USA dürfte das rigorose Vorgehen Chinas empfindlich treffen, prognostizieren Experten. «Der US-Markt ist tabu, zumindest für den Moment», sagt Fred Hu, Vorsitzender der Investmentfirma Primavera Capital Group. «Chinesische Unternehmen, die bereits eine Börsenkotierung in den USA planen, schieben angesichts zunehmender Unsicherheit und Verwirrung ihre Pläne auf oder geben diese sogar ganz auf.»

Die Nervosität der Investoren schürt China mit seiner härteren Gangart gegen den chinesischen Fahrdienst-Vermittler Didi. Nur wenige Tage nach seinem milliardenschweren US-Börsendebüt sperrte China die App des Uber-Konkurrenten für den Download. Grund seien schwerwiegende Verstösse bei der Sammlung und Nutzung persönlicher Daten durch das Unternehmen.

Das versetzt den boomenden IPO-Markt einen Schlag: In den vergangenen zehn Jahren waren die USA für chinesische Unternehmen eine wichtige Finanzierungsquelle. Dem Daten-Anbieter Refinitiv zufolge wurde seit Jahresbeginn bei insgesamt 34 Emissionen die Rekordsumme von 12,5 Milliarden Dollar eingesammelt. Im Vorjahreszeitraum waren es lediglich vierzehn Debüts mit einem Gesamtvolumen von 1,9 Milliarden Dollar.

Mit 4,4 Milliarden Dollar war Didi seit der 25 Milliarden Dollar schweren Emission des Amazon-Rivalen Alibaba im Jahr 2014 der grösste Brocken. Die Freude der Anleger währte allerdings nur kurz: Seit dem ersten Handelstag am 30. Juni sind die Papiere um 27 Prozent eingebrochen.

Auch andere Technologie-Unternehmen an der Wall Street nimmt China ins Visier, darunter die Bewerbungsplattform Zhipin und der Lkw-Mietdienst Full Truck Alliance. Zudem sollen die Aufsicht und die Regeln für den grenzüberschreitenden Datenfluss für alle im Ausland kotierten chinesischen Firmen verschärft werden.

«Es ist ein klares Signal, dass die chinesische Regierung nicht besonders glücklich darüber ist, dass diese Firmen weiterhin Kapital im Westen beschaffen», sagt Jordan Schneider, Technologieanalyst beim Marktforschungsunternehmen Rhodium Group.

Im März hatte die US-Finanzaufsicht ihrerseits neue Vorschriften eingeführt. Diese können dazu führen, dass chinesische Firmen, die sich nicht an US-Wirtschaftsprüfungsstandards halten, von der Börse verbannt werden können. «Die Botschaft lautet, dass für eine erfolgreiche Kotierung im Ausland die chinesischen Aufsichtsbehörden einbezogen werden müssen sowie die internationale Zusammenarbeit mit ausländischen Aufsichtsbehörden», sagt Louis Lau, Investmentmanager beim Vermögensverwalter Brandes.

Einige werden die neuen Beschränkungen umgehen wollen und ihr Heil am Finanzplatz Hongkong suchen, sagen Banker. In Erwartung dessen zogen die Aktien des dortigen Börsenbetreibers HKEX bereits deutlich an.

«Hinter dem Kursanstieg steht die Hoffnung, dass HKEX das einzige IPO-Zentrum für chinesische Firmen, die eine Börsenkotierung anstreben, und das wichtigste Zentrum für die Beschaffung ausländischen Kapitals werden könnte», sagt Steven Leung vom Brokerhaus UOB Kay Hian in Hongkong.

Noch aber sind nicht alle US-Börsenpläne aus dem Reich der Mitte abgeblasen. So steht etwa der Datendienstleister aus dem Medizinbereich LinkDoc diese Woche in den Startlöchern.

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