Negativzins: Bald auch Sparer betroffen?
Der Negativzins auf dem Konto könnte bald auch den Sparer belasten. Die Mehrheit der Schweizer Banken denkt über einen Schritt in diese Richtung nach.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Mehrheit der Schweizer Banken denkt über eine Senkung der Negativzins-Schwelle nach.
- Nur noch 21 Prozent lehnen eine Weitergabe von Negativzinsen kategorisch ab.
- Noch länger nicht davon betroffen sein, dürften Kunden mit Guthaben unter 100'000 Franken.
Das anhaltende Negativzinsumfeld kommt immer stärker auch bei den Sparern an. Laut einer Studie überlegt sich eine Mehrheit der Schweizer Bankinstitute derzeit, die Vermögensschwelle für die Anwendung von Negativzinsen zu senken.
Kategorisch abgelehnt werde eine Weitergabe von Negativzinsen nur noch von 21 Prozent der befragten Banken. Das heisst es in dem gestern Donnerstag veröffentlichten Bankenbarometer des Beratungsunternehmens EY.

Nach der Einführung des Negativzins im Jahr 2015 hatten 70 Prozent der befragten Institute eine Belastung ihrer Sparkunden klar ausgeschlossen.
Besonders markant sei das Umdenken bei den Regionalbanken, sagte EY-Partner Patrick Schwaller bei der Präsentation des Bankenbarometers vor den Medien: Nur noch 20 Prozent lehnten die Weitergabe von Negativzinsen ab, nachdem es im Vorjahr noch zwei Drittel der Befragten waren.
Negativzins: Schwellenwert senken
Immerhin gehen die EY-Experten davon aus: Kleinkunden mit Guthaben unter 100'000 Franken werden noch länger nicht mit einem Negativzins belastet.
Die Umfrage zeige aber: Eine Mehrheit der Banken (55 Prozent) überlege eine Senkung des Schwellenwerts für die Anwendung des Negativzins. Das war deutlich mehr als im Vorjahr (33 Prozent). Derzeit warteten viele Banken aber wohl noch auf ein Institut, dass sich als «First Mover» vorwage, sagte Schwaller.

Generell dürften «reine Sparkunden» vermehrt einen schweren Stand bei ihrer Bank haben. Eine Mehrheit bezeichnete (56 Prozent) diese Kundenkategorie mittlerweile als wenig attraktiv, da sich damit kaum noch Geld verdienen lässt. Entsprechend dürften die Institute versuchen, solchen Kunden zur Anlage ihres Vermögens in Fonds oder Wertschriften zu motivieren.
Noch eher «Wunschdenken» dürften derweil negativ verzinste Hypotheken bleiben: Diese wurden von einer klaren Mehrheit (83 Prozent) der befragten Institute als nicht realistisch erachtet.
Eingetrübte Geschäftsaussichten
Die im vergangenen Jahr noch erhoffte «Normalisierung» der Geldpolitik ist wieder in die Ferne gerückt. Deshalb haben sich auch die Ertragserwartungen der Banken eingetrübt. Heute sei das Umfeld von tiefen Zinsen, tiefen Volatilitäten und einer hohen Unsicherheit geprägt, sagte Schwaller. «In diesem Umfeld lässt sich kaum Geld verdienen.»

Zwar erwartet weiterhin eine klare Mehrheit der Banken steigende operative Ergebnisse. Dennoch spüren immer mehr Institute den Gegenwind: Immerhin ein Drittel der Banken erwartet nun für die kommenden sechs bis zwölf Monaten einen Ergebnisrückgang.
«Dramatischer» Stimmungseinbruch
Fast schon «dramatisch» sei der Stimmungseinbruch bei den inlandorientierten Kantonal- und Regionalbanken, so EY: So erwarteten nun 44 Prozent (Vorjahr 20 Prozent) der Kantonalbanken und 50 Prozent (Vorjahr 28) der Regionalbanken kurzfristig einen Ergebnisrückgang.
Auf die mittlere Sicht rechnet eine klare Mehrheit der Kantonalbanken (62 Prozent) und der Regionalbanken (70 Prozent) mit rückläufigen Ergebnissen.
EY Bankenbarometer
Das EY Bankenbarometer basiert auf der Befragung von 100 Geschäftsleitungs-Mitgliedern von Schweizer Banken. Dabei handelt es sich um Privatbanken, Auslandsbanken, Regionalbanken und Kantonalbanken. Zudem wurden auch die Schweizer Einheiten der Grossbanken UBS und CS befragt worden.