Deutsche Industrie sieht Standort unter Druck wie nie zuvor
Die Industrie sieht den Standort Deutschland mehr als je zuvor unter Druck. Rund ein Fünftel der industriellen Wertschöpfung in Deutschland sei bedroht. Das geht aus einer Studie der Strategieberatung Boston Consulting Group und dem Institut der deutschen Wirtschaft im Auftrag des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) hervor.
BDI-Präsident Siegfried Russwurm sprach am Dienstag in Berlin von einem «lauten Weckruf» der Industrie für dringend notwendige Veränderungen in Deutschland. «Das Risiko einer De-Industrialisierung durch die stille Abwanderung und Aufgabe gerade vieler Mittelständler nimmt kontinuierlich zu und ist teils schon eingetreten.» Es sei vor allem die Summe struktureller Probleme, die den Wirtschaftsstandort ausbremse.
Mehrinvestitionen von 1,4 Billionen Euro bis 2030 nötig
Schnelle Konjunkturprogramme seien keine Lösung dafür. Bemängelt werden unter anderem hohe Energiepreise, aufwändige bürokratische Berichtspflichten, Defizite im Glasfaserausbau, dem Bildungsniveau und der Verkehrsinfrastruktur. «Politisches Mikromanagement und fehlender marktwirtschaftlicher Reformwillen lähmen die Unternehmen.»
Um auch in Zukunft international wettbewerbsfähig zu sein, sind laut Studie private und öffentliche Mehrinvestitionen in Höhe von 1,4 Billionen Euro bis 2030 nötig. Gut zwei Drittel davon seien private Investitionen, die aber zum ganz überwiegenden Teil noch nicht beziehungsweise nicht ausreichend angereizt seien.
Wachstumsschwäche trifft deutsche Wirtschaft
Russwurm forderte einen «grossen Wurf», um Deutschland im internationalen Wettbewerb wieder nach vorne zu bringen und Ziele bei der klimafreundlichen Transformation der Wirtschaft erreichen zu können. Der Industriestandort Deutschland stehe am Scheideweg und vor Jahren der Entscheidung, heisst es in der Studie. Deutschland müsse sich als Industrienation neu erfinden.
Die deutsche Wirtschaft steckt mitten in einer Wachstumsschwäche. Die Bundesregierung arbeitet an der Umsetzung einer «Wachstumsinitiative», geplant sind zum Beispiel Verbesserungen bei Abschreibungen von Investitionen und bei der Forschungszulage. Ausserdem will die Ampel Bürokratie abbauen. Der BDI hält die Pläne aber für nicht ausreichend.