WG-Bewerber müssen wegen Ansprüchen immer mehr bieten
Die Nachfrage nach WGs hat sich in den letzten Monaten mehr als verdoppelt. Das führt dazu, dass Zimmer-Anbieter die Ansprüche für Bewerber massiv erhöhen.

Das Wichtigste in Kürze
- In den letzten Monaten hat sich die Nachfrage nach WGs in der Schweiz verdoppelt.
- Gleichzeitig steigen die Ansprüche der Anbieter an die Bewerberinnen und Bewerber.
- Einem Experten zufolge liegt der Grund dafür im zunehmenden Wohnungsmangel.
Die Nachfrage nach WG-Zimmern ist riesig. «Schweizweit hat sich die Anzahl Bewerber auf ein WG-Zimmer innerhalb der letzten sechs Monate verdoppelt.» Das sagte die Immo-Plattform Flatfox Ende Februar zu Nau.ch.
Die Suche braucht also nicht nur viel Geduld, sondern auch Nerven – und das richtige Profil. Denn: Anbieter wissen nun genau, dass sie ihr Zimmer wegbringen und schrauben drum ihre Ansprüche hoch.
Steigende Ansprüche
Das zeigt ein Durchgang durch die Zimmer-Angebote, wie die «Tamedia»-Zeitungen berichteten. Auf «wgzimmer.ch» stösst man etwa auf ein Parade-Beispiel aus der Stadt Bern. Im Länggasse-Quartier wird ein 15 Quadratmeter grosses Zimmer für 660 Franken im Monat vermietet.
Die Anforderung: «Wir kochen gerne vegan und vegetarische Menüs und lieben es, unser Gemüse vom Solidarischen-Landwirtschafts-Abo zu verkochen. Du solltest Freude haben an saisonalen und umweltfreundlichen Lebensmitteln. Und an der Mithilfe auf dem Feld (drei halbtägige Einsätze pro Jahr). Wir teilen alle Lebensmittel.»
Wer sich auf der Plattform durchklickt, der findet unterschiedlichste Bewerbungsanforderungen: Nichtraucher, reine Veganer-WGs, nur 25- bis 30-Jährige – oder, dass neue Mitbewohner helfen müssen, die Katze zu füttern.
Das gilt übrigens für Angebote in der ganzen Schweiz, so auch in Zürich. Im Kreis 3 ist etwa ein WG-Zimmer ausgeschrieben – allerdings nicht für alle. «Weiblich oder non-binär, um die Balance in etwa zu halten», sollte man sein. Andernorts wird darauf hingewiesen, dass man zwingend gut Englisch sprechen sollte.
Persönliche Kriterien immer wichtiger
Diese Art von WG-Inseraten gebe es seit Jahren, sagt der Raiffeisen-Ökonom Francis Schwartz gegenüber Nau.ch. Aber: «Aufgrund der Wohnungsnot werden sie immer anspruchsvoller.» Das könne die Suche nach Zimmern zusätzlich erschweren.
Es werde weniger über den Preis differenziert, sondern über persönliche Kriterien. «Man kann es sich leisten, bei vielen Bewerbern selektiv vorzugehen», so Schwartz weiter.
Doch sind die Anforderungen in den Ausschreibungen erlaubt? In der Schweiz gilt grundsätzlich Vertragsfreiheit, sagt Schwartz. Innerhalb der Schranken des Gesetzes können Vertragsbeteiligte entscheiden, mit wem und mit welchem Inhalt ein Vertragsverhältnis eingegangen werden soll.

Dem gegenüber steht das in der Bundesverfassung verankerte Diskriminierungsverbot. Das bedeutet: «In öffentlichen Inseraten ist es verboten, Menschen aufgrund ihrer Ethnie, ihrer Religion oder der sexuellen Orientierung auszuschliessen», so der Experte.
Im Fall einer Klage müsste die Rechtsprechung zwischen Vertragsfreiheit und Diskriminierungsverbot abwägen. In der Schweiz gebe es bisher aber noch keine Präzedenzfälle.