Berns Stadtpräsident Alec von Graffenried tritt gegen Gemeinderätin Marieke Kruit (SP) um die dritte Amtszeit an.
Alec von Graffenried
Alec von Graffenried, Stadtpräsident von Bern. (Archivbild) - keystone

Der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried muss um seine dritte Amtszeit bangen. Der Grüne wird von der SP herausgefordert. Das rot-grüne Bündnis, das Bern seit 32 Jahren regiert, steht damit vor einer Belastungsprobe.

Die Wählerschaft solle eine Auswahl haben, begründete die SP am Montagabend den Entscheid ihrer Basis hinter verschlossenen Türen. Zudem nehme die Partei damit die Kritik aus der Bevölkerung an der aktuellen Amtsführung auf.

Wird Alec von Graffenried als Berner Stadtpräsident abgelöst?

Ins Rennen steigt Gemeinderätin Marieke Kruit, die seit 2021 die Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün leitet. Die ehemalige «Telebärn»-Moderatorin und Frau des früheren Berset-Vertrauten Peter Lauener geniesst Sympathien bis tief ins bürgerliche Lager.

Marieke Kruit
Marieke Kruit. - keystone

Breite Mitte-rechts-Liste

Für die SP soll Kruit das Stadtpräsidium zurückerobern, das bis 2016 jahrzehntelang in sozialdemokratischer Hand war. Dann kam von Graffenried und wurde aus dem Stand Stadtpräsident. Er gehört der Grünen Freien Liste an, einer gemässigten Kraft innerhalb des grünen Lagers.

Kritisiert wurde von Graffenried zuletzt auch vom Grünen Bündnis, einer weiteren Bündnispartnerin in der Regierung.

Dass die drei Parteien einander im Wahlkampf nicht gross schonen dürften, hat einen einfachen Grund: Ihre Übermacht in der fünfköpfigen Stadtregierung wackelt. Möglich machen das fünf Parteien, die erstmals gemeinsam auf einer breiten Mitte-rechts-Liste antreten. Weil die Stadtregierung im Proporz gewählt wird, haben sie grosse Chancen auf zwei Sitze.

Auf dem Spitzenplatz erwarten Beobachter die GLP, die mit Nationalrätin Melanie Mettler ins Rennen steigt. Sie könnte nun auch fürs Stadtpräsidium kandidieren. Ihre Partei hielt sich am Dienstag noch bedeckt.

Melanie Mettler
Melanie Mettler - keystone

Hinter Mettler werden den Kandidatinnen von Mitte und FDP die besten Chancen für einen Gemeinderatssitz eingeräumt.

Zitterpartie fürs grüne Lager

Holt Mitte-rechts zwei Sitze, muss bei Rot-Grün jemand über die Klinge springen. Die SP als stärkste Stadtberner Partei muss sich wenig Sorgen machen.

Sie hat mit Kruit und Nationalrat Matthias Aebischer ein populäres Duo am Start. Zur Zitterpartie könnte die Wahl hingegen fürs grüne Lager werden.

Matthias Aebischer
Matthias Aebischer. - keystone

Die Kandidatin des Grünen Bündnisses, die Stadtparlamentarierin Ursina Anderegg, muss im Wahlkampf an Bekanntheit zulegen. Sie hat aber die stärkere Hausmacht im Rücken als Stadtpräsident von Graffenried. Zudem haben Frauen im rot-grünen Bern traditionell gute Wahlchancen.

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Ursina Anderegg, Stadträtin Bern (Grünes Bündnis). - zVg

Von Graffenried gilt als begnadeter Wahlkämpfer. Kritiker finden aber, die Führungsrolle falle ihm schwer, er wolle es allen recht machen und kommuniziere nicht immer klar.

In seiner zweiten Legislatur musste er Rückschläge hinnehmen, insbesondere die gescheiterte Fusion mit Ostermundigen. Um seinen Job zu behalten, muss er im Herbst zwei Hürden überwinden. Zum einen muss er sich bei der Stapi-Wahl gegen starke Konkurrenz durchsetzen, zum andern muss er als Mitglied der Stadtregierung bestätigt werden.

Die Stadtregierung wird rundum erneuert

Klar ist jetzt schon, dass die Stadtregierung rundum erneuert wird. Denn mit Kruit und von Graffenried treten nur zwei Bisherige an. Zudem kann sich die Bundesstadt auf eine Frauenmehrheit einstellen.

Auf der rot-grünen Liste werden eine bis zwei Frauen gewählt, je nach Anzahl Sitze. Dasselbe gilt für die Mitte-rechts-Liste, denn dort gilt der einzige antretende Mann – ein junger SVP-Parlamentarier – als Aussenseiter.

Eine Frauenmehrheit in der Berner Stadtregierung ist übrigens nichts Neues. Die erste gab es bereits 1993, was damals noch international für Schlagzeilen sorgte. «Frauen an den Krisenherd» lautete das Motto, weil die Stadt tief verschuldet war.

Das änderte sich in den Folgejahren. Die roten Zahlen verschwanden, ebenso die Frauenmehrheit. Doch nun hat der Wind gedreht. Seit 2019 hat sich die Finanzlage der Stadt spürbar verschlechtert.

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