Die Staatsanwaltschaft fordert für die Angeklagte im Interlakner Mordprozess 18,5 Jahren, die Verteidigung pocht auf einen Freispruch.
Thun
Das Regionalgericht in Thun. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/ANTHONY ANEX
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Das Wichtigste in Kürze

  • Im Oktober 2020 wurde in Interlaken ein Mann erschlagen.
  • Diese Woche begann nun der Mordprozess.
  • Die Verteidigung fordert einen Freispruch für die Angeklagte.

Im Interlakner Mordprozess hat der Verteidiger am Mittwoch für seine Mandantin einen Freispruch gefordert. Die Anklage lege keine Beweise vor, dass die Frau tatsächlich im Herbst 2020 ihren Ehemann erschlagen habe. Vielmehr übte der Verteidiger Kritik an den Ermittlungen.

Spuren, die auf eine mögliche Dritttäterschaft hinwiesen, habe die Polizei gar nicht ernsthaft untersucht. Man sei von Anfang an darauf fixiert gewesen, dass die Ehefrau, eine brasilianischstämmige Profiboxerin, ihren deutlich älteren Ehemann erschlagen haben müsse.

Polizei habe Spuren nicht verfolgt

Beispielsweise sei die Polizei einer Bruchspur an der Aussenseite eines Rahmens bei der Terrasse nicht nachgegangen. Diese Beschädigung habe jemand gewaltsam herbeiführen müssen. Aussagen von Befragten, wonach sich im Restaurant des Wirts merkwürdige Gestalten herumgetrieben hätten, sei man auch nicht nachgegangen.

Dass das Paar in gemeinsamen Ferien einen Streit hatte, verhehlte der Verteidiger nicht. Anders als die Staatsanwaltschaft gewichtete er diesen aber als nicht gravierend.

Der zur Tatzeit neunjährige Sohn der Angeklagten sei der einzige, der von Schwierigkeiten in der Beziehung spreche und von einer möglichen Scheidung des Paares. Dass Kinder einen Streit der Eltern anders und vielleicht auch bedrohlicher wahrnehme als er in der Tat sei, sei durchaus verständlich.

Mandantin während Tatzeit zu Hause

Seine Mandantin habe am Abend der Tat zu Hause einen Film geschaut und sei dann schlafen gegangen. Beweise, die etwas anderes belegten, gebe es nicht. Dass angeblich ihr Auto von einer Überwachungskamera zur fraglichen Nachtzeit erfasst wurde, zog der Verteidiger in Zweifel.

Es gebe viele Autos mit länglichen Rücklichtern. Die Bilder ergäben keine genauen Hinweise, was man auf ihnen sehe. Auch einen Zeugen, der den Wagen der Angeklagten in der Tatnacht gesehen haben will, hält der Verteidiger für unglaubwürdig.

Seine Mandantin sei mit der Arbeit der Garage, in der der Zeuge arbeitet, nicht zufrieden gewesen. Daher versuche der Mann nun, seine Mandantin falsch zu beschuldigen.

Ähnliches gelte für alle Befragten, die sich negativ über seine Mandantin geäussert hätten. Es handle sich unter anderem um ehemalige Liebhaber, die sie abgewiesen habe.

Weiter betonte der Verteidiger, dass seine Mandantin zur Tatzeit an starken Schmerzen in ihrer Schulter litt und gar nicht in der Lage gewesen wäre, auf diese Art mit einem Baseballschläger zuzuschlagen.

Auch die von der Staatsanwaltschaft ins Feld geführten DNA-Spuren auf Kleidung und Handy des Opfers hielt der Verteidiger nicht für stichhaltig, da sich die Frau ja immer wieder in der Wohnung ihres Mannes aufgehalten habe, auch wenn sie selber mit ihrem Sohn nicht mehr dort wohnte.

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