Das Thurgauer Obergericht hat ein wegweisendes Urteil gefällt: Ein Mann, der vor über 40 Jahren im Kloster Fischingen missbraucht wurde, wird entschädigt.
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Der Mann wurde vor rund 40 Jahren im Kloster Fischingen missbraucht. Sein Anspruch auf Opferhilfe ist nicht verjährt, entschied das Obergericht. - google
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Das Wichtigste in Kürze

  • Das Thurgauer Obergericht hat einen wegweisendes Urteil für ein Missbrauchsopfer gefällt.
  • Der Mann war als Kind vor über 40 Jahren im Kloster Fischingen missbraucht worden.
  • Der heute 65-Jährige hat immer noch Anspruch auf Opferhilfe.

Der Mann kann seinen Anspruch auf Opferhilfe auch noch über 40 Jahre nach den Taten geltend machen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Im ehemaligen Heim St. Iddazell des Klosters Fischingen TG sind Kinder und Jugendliche Opfer von Gewalt und sexuellen Übergriffen geworden. Auch ein heute 65-jähriger Mann, der zwischen 1962 und 1972 im Kinderheim war, ist von einem katholischen Priester missbraucht worden. 2013 macht der Mann Ansprüche auf Entschädigung aus dem Opferhilfegesetz geltend.

Obergericht widerspricht Bezirksgericht

Wie die Zeitschrift «Beobachter» am Donnerstag schrieb, muss nun das Bezirksgericht in Münchwilen TG erneut prüfen, ob der Mann wegen dieser Taten eine Entschädigung nach Opferhilfegesetz zusteht. Es geht um einen Betrag von 150'000 Franken sowie eine Genugtuung von 70'000 Franken, wie es im Urteil des Thurgauer Obergerichts heisst.

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im Kloster kam es über Jahre zum Missbrauch von Kindern. - Keystone

Aus Sicht des Bezirksgerichts Münchwilen sind die Ansprüche des Opfers verjährt. Das Obergericht widerspricht: Aus «opferbezogener Perspektive» erscheine der anspruchsberechtigte Tatbestand erst im Juli 2010 als erfüllt, als der Beschwerdeführer erstmals das legitime Bedürfnis empfand, die Schutzrechte des Opferhilferechts in Anspruch zu nehmen.

Durchbruch in der Verjährungsfrage

Das Urteil sei ein Durchbruch in der Verjährungsfrage, sagt der Opferanwalt gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Die Kirchen könnten sich nicht länger hinter dem Argument verstecken, die Taten seien verjährt. Das wegweisende Urteil gelte auch für allen anderen Fälle.

Seinem Mandanten stünden zudem Entschädigungen vom Kanton Thurgau zu. Der Anwalt verlangt 1,38 Millionen Franken Schadenersatz. Er wolle sich nun mit dem Thurgauer Regierungsrat an einen Tisch setzen und verhandeln.

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